Zielstrebig zum Vollrausch

Vor allem 16- bis 17-jährige Männer können offenbar nicht mit Alkohol umgehen. Anlässlich der gestern in Hamburg eröffneten Suchtwoche stellte die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung deutliche Tendenzen fest

Es gibt wieder mehr junge Menschen, die sich zielstrebig betrinken. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) hat anlässlich der gestern in Hamburg eröffneten Suchtwoche 2007 Ergebnisse einer Drogenaffinitätsstudie veröffentlicht, die vor allem bei 16- bis 17-jährigen Männern einen riskanten Alkoholkonsum festgestellt hat. „Damit hat sich eine langjährige Entwicklung wieder verkehrt“, sagt Gabi Dobusch vom Hamburger Büro für Suchtprävention: „Seit 1997 hatten Jugendliche kontinuierlich weniger getrunken.“

Schon vor rund zwei Jahren hatten Suchtforscher beobachtet, dass junge Männer und Frauen wieder mehr zur Flasche greifen. Damals waren vor allem Alkopops in Mode, Mixgetränke, deren Alkoholgehalt kaum zu schmecken ist. Laut Elisabeth Pott, Direktorin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, ist dieses Problem durch eine Erhöhung der Alkopop-Steuern erfolgreich bekämpft worden: Die Mixgetränke sind für Jugendliche zu teuer und somit unattraktiv geworden.

Zunächst hatten Suchtforscher gehofft, dass die Jugendlichen mit den Alkopops das Trinken insgesamt aufgegeben hätten. Jetzt aber habe sich gezeigt, sagte die Expertin Dobusch, dass vor allem junge Männer das Trinken nicht ersatzlos eingestellt haben, sondern auf andere Getränke umgestiegen sind: Seither werden viel mehr Spirituosen, wie Tequila, getrunken.

Erst vor kurzem hatte sich in Berlin ein 16-Jähriger auf einer so genannten Flatrate-Party zu Tode gesoffen. Er soll mehr als 40 Tequila getrunken haben – zu einem Pauschalpreis, der ihm das grenzenlose Trinken ermöglichte. Seither sind die Flatrate-Partys in den Fokus der Suchtforscher geraten. Ende Mai hat ein Bund-Länder-Ausschuss seine rechtliche Auffassung über diese Partys veröffentlicht: Schon die Werbung dafür, so die Kommission, verstößt gegen das Gaststättengesetz. „Wer an betrunkene Gäste weiter Alkohol ausschenkt, handelt illegal“, sagte dazu gestern Hamburgs zweite Bürgermeisterin, Birgit Schnieber-Jastram (CDU). Gastwirte, die dies nicht beachteten, müssten mit Sanktionen bis zum Entzug ihrer Lizenz rechnen.

Regeln und Drohungen alleine seien nicht der Königsweg im Kampf gegen den Alkoholkonsum Jugendlicher, sagte auch Schnieber-Jastram. „Man muss schon den Jüngsten deutlich machen: Alkohol trinken bis zum Rausch ist nicht cool.“ Diese Botschaft zu vermitteln, ist das Ziel der Suchtwoche unter dem Titel „Alkohol – Verantwortung setzt die Grenze“.

Suchtexpertin Gabi Dobusch betont jedoch, dass viele Jugendliche bereits verantwortlich mit Alkohol umgehen. Es sei eine kleine Gruppe vor allem junger Männer, die beim Trinken eine bestimmte Promillezahl bis hin zum Vollrausch anstrebe. Die meisten Jugendlichen würden so trinken, wie es die Gesellschaft propagiert: „zur Entspannug in geselliger Runde, um leichter in Kontakt zu anderen zu kommen“. Auch die Jugendlichen, die bis zur Bewusstlosigkeit saufen, liefen nicht ständig betrunken herum. „Unter der Woche wollen die meisten funktionieren“, sagt Dobusch. „Am Wochenende aber wird dann zugeschlagen.“ KATRIN BONNY / ELKE SPANNER