Raus aus der Opferrolle

70 Gelegenheiten zu sehen, hören, fühlen: Das 6. Afrika-Festival in Osnabrück zeigt einen Kontinent, der mehr sein will als nur Spielball der Großmächte. Schirmherr diesmal: „Bap“-Sänger Wolfgang Niedecken

Wenn auch darüber gesprochen wurde: Beim G-8-Gipfel in Heiligendamm spielte Afrika nur eine Statistenrolle. In Osnabrück steht der Kontinent nun im Mittelpunkt: Beim 6. Afrika-Festival zeigen Künstler, Journalisten und Filmemacher den scheinbaren Spielball der Weltmächte auch von einer ganz anderen Seite. Ab dem 17. Juni können Besucher einen Monat lang in rund 70 Veranstaltungen die kulturellen Traditionen und das erwachende politische Selbstbewusstsein erleben, mit dem sich immer mehr Afrikaner gegen die Opferrolle wehren.

Schirmherr des Festivals ist in diesem Jahr Wolfgang Niedecken. Der Sänger der Band „Bap“ engagiert sich schon seit längerem für das Projekt „Gemeinsam für Afrika“ und kommt gerade von einer Reise nach Uganda zurück, die er mit dem Buchautor und Fotografen Sönke C. Weiss unternommen hat. Der wird in Osnabrück aus seinem Buch „Das Mädchen und der Krieg“ lesen, in dem er das Schicksal einer Kindersoldatin aus Uganda dokumentiert (siehe Interview oben). Diesem Thema widmet sich auch die Ausstellung „Kinder des Krieges“ des Fotojournalisten Michael Bause: Beklemmende Bilder aus Norduganda und der Demokratischen Republik Kongo zeigen, wie Krieg, Missbrauch und Gewalt den Alltag junger Menschen bestimmen.

Doch aus Afrika kommen auch die Stimmen, die sich lautstark für Toleranz, Frieden und Völkerverständigung einsetzen. In Osnabrück demonstrieren vor allem die Musiker, wie der Brückenschlag funktionieren könnte. Djatou Touré, die gerade den Musik-Wettbewerb beim Karneval der Kulturen in Berlin gewann, singt auf Französisch und in ihrer Muttersprache Bambara. Sie verbindet traditionelle Gesänge mit zeitgenössischen Afro-Beats und modernem Jazz. Die Gruppe „MoZuluArt“ tritt zum ersten Mal in Deutschland auf. Gemeinsam mit vier Musikern der Wiener Symphoniker suchen sie eine Verbindung zwischen Zulu-Klängen und westlicher Klassik. Die gegenseitige ästhetische Faszination dient aber auch politischen Zwecken, wie „MoZuluArt“ betonen: „Mit Hilfe der Musik lernen wir andere Kulturen überhaupt erst kennen, verstehen und lieben.“

Ein Höhepunkt des Festivals ist wie in jedem Jahr der Afrikanische Markt am 7. Juli auf dem Theatervorplatz. Dabei präsentiert sich der Kontinent von seiner buntesten Seite. Neben Kunsthandwerk, gediegenem Schmuck und exotischen Instrumenten gibt es Afrika zu riechen, zu hören und zu probieren. Dazu informieren Hilfsorganisationen und Initiativen über ihre Arbeit. 2006 lockte allein dieser Afrikanische Markt rund 7.000 Besucher an.

Abgerundet wird das Programm durch Filmvorführungen, Lesungen, Diskussionen, Vorträge und Workshops. Dabei soll insbesondere der Frage nachgegangen werden, wie in Afrika uraltes Wissen durch Erzählungen, Schriften und Lieder, aber auch durch Bilder und Gesten überliefert wird. Kommunikation und Verstehen, so die simple Botschaft, ist eben der einfachste Weg zur gegenseitigen Verständigung. THORSTEN STEGEMANN

Infos: www.osnabrueck.de/afrika