In Sachsen war’s schon immer so

ÜBERWACHUNG In Sachen technischer Hochrüstung ist Sachsen auch schon vor dem Dresdner Datenskanal auffällig geworden

BERLIN taz | Nach der Datenaffäre von Dresden, wo die Polizei mehr als eine Million Handydaten von Demonstranten polizeilich ausgewertet hat, ist die Aufregung bundesweit groß. Doch wenn es um die Erprobung neuer Überwachungsinstrumente geht, kam dem Bundesland Sachsen auch in der Vergangenheit schon oft eine Vorreiterrolle zu.

So ist bis heute die „Leipziger Kamera“ ein Symbol für den Einstieg in die polizeiliche Kontrolle öffentlicher Räume. In einem Pilotprojekt wurde seit Mitte der 90er Jahre der Leipziger Hauptbahnhof erstmals großräumig mit neuer, fernzusteuernder Kameratechnik überwacht. Das Pilotprojekt löste damals eine große öffentliche Debatte aus. Heute gehört die Kameraüberwachung öffentlicher Plätze in vielen deutschen Großstädten zum Normalfall.

Ein anderes, noch immer umstrittenes Überwachungsinstument führte Sachsens heutiger Innenminister Markus Ulbig (CDU) ebenfalls im Rahmen eines Pilotprojekts im Jahr 2008 ein: die sächsische Flugdrohne. Dies ist eine flugfähige Kamera, mit der auch Aufnahmen aus der Luft möglich sind. Die sächsische Drohne wurde seitdem wiederholt bei Fußballspielen, aber auch im Rahmen von Demonstrationen eingesetzt. In einigen anderen Bundesländern, wie etwa Berlin, werden Flugdrohnen nur in schwerwiegenden Fällen – wie etwa zur Aufklärung von Morden – eingesetzt.

In Dresden dagegen kam die Drohne auch im Februar bei jenen Antinaziprotesten zum Einsatz, die derzeit im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Denn nach Ende der Pilotphase ist die Drohne seit November 2010 im Normalbetrieb für Sachsens Polizeibehörden unterwegs.

Besonderes Schmankerl: Für diese Drohne und die Entwicklung der Überwachungsarchitektur in Sachsen ist ab sofort auch der von Innenminister Ulbig strafversetzte frühere Dresdner Polizeichef Dieter Hanitsch mit zuständig.

Hanitsch war nach Bekanntwerden des Datenskandals als Dresdner Polizeipräsident von seinen Aufgaben entbunden worden und ist nun neuer Leiter der Landespolizeidirektion Zentrale Dienste. Damit steht Hanitsch, dem von der Landesregierung die politische Verantwortung für die Handydatenauswertung zugesprochen worden war, unter anderem dem Landesfachdienst „Beweissicherung, Dokumentation und Bildübertragung“ vor.

Dazu zählt etwa die Live-Übertragung und Dokumentation von Übersichtsaufnahmen bei Großdemonstrationen. Und die Bereitstellung von Infrastruktur zur Überwachung von Demonstrationen – wie etwa die sächsische Drohne. MARTIN KAUL