Doch noch eine Chance für den Dorsch

Die EU senkt die Fangquoten für den vom Aussterben bedrohten Fisch in der Ostsee leicht. Auch soll der illegalen Fischerei der Kampf angesagt werden. Neue Gefahr droht Jungdorschen aber von der sich ausbreitenden Rippenqualle

Der vom Aussterben bedrohte Ostseedorsch soll in der EU künftig etwas weniger gefischt werden. Die für Fischerei zuständigen Agrarminister einigten sich gestern in Luxemburg nach langem Streit unter den Anrainerländern grundsätzlich auf einen Fünf-Jahres-Plan. Demnach soll von diesem Sommer an die Fangquote für den in der Ostsee Dorsch genannten Kabeljau um weitere zehn Prozent gesenkt werden.

Flexiblere Regelungen sollen dafür sorgen, dass das bestehende Sommerfangverbot von vier Wochen im westlichen und acht Wochen im östlichen Teil des Binnenmeeres besser eingehalten wird. Darüber hinaus werde die Stellnetzfischerei deutlich reduziert.

Kurz vor Weihnachten hatten die Minister die von der EU-Kommission vorgeschlagene Senkung der Fangquoten für Kabeljau um 25 Prozent abgelehnt. Sie wurden, je nach Meeresregion, um lediglich 14 bis 20 Prozent verringert. Jetzt kommt die weitere Reduzierung hinzu.

Wissenschaftler und Umweltschützer fordern hingegen einen zwei- bis dreijährigen Fangstopp, damit sich die überfischten Bestände erholen können. Auch Siegfried Ehrlich von der Hamburger Bundesforschungsanstalt für Fischerei kritisierte vor einem halben Jahr die Beschlüsse. Damit würden die Ziele des Wiederaufbauplans für den Kabeljau nicht erreicht: „Das entspricht nicht den Anforderungen, die wir als Wissenschaftler stellen.“

Auch die Mindest-Maschenweite der Netze von 38 Zentimetern gilt als zu klein. Diese müsse auf mindestens 42 Zentimeter vergrößert werden, damit mehr Fische zum Laichen kommen.

Der Ostseedorsch ist im Osten vom Aussterben bedroht, im Westen zumindest überfischt. Nach Angaben der Umweltschutzorganisation WWF werden wegen illegaler Fischerei die Fangquoten für Dorsch vor allem in Polen deutlich überschritten. Bis zu 45 Prozent des Fangs würden nicht gemeldet. Polen habe jetzt aber der EU zugesagt, die Schwarzfischerei erheblich effektiver zu kontrollieren.

Weitere Gefahr droht den Dorschen nun auch von der eingewanderten Rippenqualle. Mnemiopsis leidyi war im Vorjahr erstmals in der Ostsee nachgewiesen worden. Bei Forschungsausfahrten im Frühjahr sei sie teilweise in großer Stückzahl in tieferen und kälteren Gewässern entdeckt worden, sagte gestern der Leiter des Instituts für Ostseefischerei und der Bundesanstalt für Fischerei, Cornelius Hammer. In diesen Regionen laichten auch Dorsche. Deren Brut gehöre zur Nahrung der etwa Handteller-großen Qualle.

„Wir gehen davon aus, dass sie sich in der Ostsee weiter ausbreiten wird“, sagte Hammer. Damit könne die Qualle, die sich nicht nur von Fischlarven ernährt, sondern auch von Plankton, in den nächsten Jahren auch zu einer Gefahr für andere Fische wie etwa den Hering werden.

Die Rippenqualle hatte sich in den 80er Jahren massenhaft im Schwarzen Meer ausgebreitet und dort die Fischbestände stark dezimiert. DPA/TAZ