Die rot-rosa-grüne Linke ist tot

Sozialisten, Grüne und Kommunisten haben die Wahlen verloren. Ségolène Royal sucht Bündnispartner

PARIS taz ■ „Honorabel“ nennt François Hollande am Wahlabend mit angespanntem Gesicht das Ergebnis seiner PS. Es sei „besser als im Jahr 2002“. Nur leider eben nicht ausreichend. Und dann benutzt der Noch-Chef der Partie Socialiste die Formel, die er seither gebetsmühlenartig wiederholt: „Es gibt erdrückende Mehrheiten, die erdrücken.“

Der Satz ist Hollandes Einstieg in einen vehementen Appell an die WählerInnen der PS. Er weiß, dass seine Partei Parlamentsmehrheiten bekommen kann. Das hat er schon lange vor dem Wahltag laut gesagt. Jetzt geht es für Hollande darum, den Schaden zu begrenzen und ein minimales Gleichgewicht im Parlament zu erreichen.

Die Parlamentswahlen sind der letzte nationale Urnengang für die nächsten fünf Jahre. Der PS bleibt nichts anderes übrig als die Fortsetzung ihrer Oppositionsrolle. Zum zweiten Mal in Folge. Mit dem doppelten Handicap, dass dieses Mal die absolute Mehrheit auf der anderen Seite noch stärker sein wird. Und dass es links von der PS leer wird: Die rot-rosa-grüne Linke, die Frankreich von 1997 bis 2002 unter dem Sozialisten Lionel Jospin regiert hat, ist tot.

Am Wahlabend benutzt Hollande die Begriffe „Linke“ und „PS“, als wären sie Synonyme. Das klingt seltsam in Frankreich, wo sich dieser Teil des politischen Spektrums noch vor zwei Jahren während des Referendums über die EU-Verfassung in einen sozialliberalen und in einen antiliberalen Flügel gespalten hat. Doch es entspricht dem Ergebnis der Grünen und der KPF bei diesen Parlamentswahlen – beide tendieren gegen null.

Bis zu den vorausgegangenen Wahlen im Jahr 2002 waren Absprachen manchmal auch Allianzen zwischen PS, Grünen und KPF üblich. Die Parteien überließen sich gegenseitig Wahlkreise, in denen sie sich keine Konkurrenz machten. Dieses Mal hat die PS nur die drei scheidenden Abgeordneten der Grünen unterstützt – zwei in Paris und einen bei Bordeaux. Falls sie die Stichwahl schaffen, werden sie die einzigen VertreterInnen der Öko-Partei im Parlament sein.

Gegenüber der KPF hatte die PS bei diesen Wahlen auf gnadenlose Konkurrenz in den einstigen kommunistischen Hochburgen im Osten von Paris gesetzt. An den meisten Orten, wo am nächsten Sonntag KommunistInnen in die Stichwahl kommen, werden ihnen PSler gegenüberstehen. Ausgang: ungewiss.

Hollande hat es weder geschafft, die PS dazu zu bringen, Lehren aus der Niederlage von 2002 zu ziehen, noch ein erkennbares Programm vertreten. Es gelang ihm auch nicht, die PS-Parteispitze zu einigen. In den beiden jüngsten Wahlkämpfen boten die PS-„Elefanten“ ein Spektakel von uneinigen, eitlen Konkurrenten. Kaum einer unterstützte die PS-Kandidatin.

Am Wahlabend platzt PSler Manuel Valls im TV der Kragen: „Wir haben genug von dem Paar Hollande/Royal. Wir wollen Ideen.“ Doch am selben Abend ist Royal die einzige PSlerin, die Applaus am Parteisitz bekommt. Die unterlegene Präsidentschaftskandidatin bereitet sich jetzt auf die Übernahme der PS-Spitze vor. Ihr schwebt eine Parteienallianz nach italienischem Vorbild vor. Gestern rief sie bei der Demokratischen Bewegung an, um eine Zusammenarbeit vorzuschlagen. DOROTHEA HAHN