Gras kaufen im Laden nebenan

CANNABIS In weiteren drei US-Bundesstaaten wird kiffen künftig legal sein, der Markt wird staatlich reguliert. Nur in Florida scheitert „Medical Marihuana“ knapp an der 60-Prozent-Hürde

BERLIN taz | Es war ein Risiko für die Befürworter einer regulierten Marihuanalegalisierung, entsprechende Volksabstimmungen ausgerechnet parallel zu den Midterm Elections anzusetzen – wählen bei diesen Halbzeitwahlen doch eher ältere, konservativere BürgerInnen. Aber es hat geklappt: In Oregon und Alaska entschieden die BürgerInnen mit 54 und 52 Prozent der Stimmen, dem Beispiel Washingtons und Colorados zu folgen. Marihuana zum Highsein, zur Entspannung, wie es offiziell heißt, wird in beiden Staaten legal sein, jede(r) über 21 darf bis zu 28 Gramm bei sich haben und ein paar Pflanzen – vier in Oregon, sechs in Alaska – selbst züchten. Außerdem wird es staatlich lizenzierte Produzenten und Verkaufsläden geben – und eine Steuer, die in Alaska bei 50, in Oregon bei 35 Dollar pro Unze liegen soll.

In der Hauptstadt Washington, D. C. stimmte mit 69 Prozent eine noch viel deutlichere Mehrheit für die Legalisierung. Hier allerdings konnte über staatliche Regulierung und Verkauf nicht abgestimmt werden – denn das zieht Ausgaben nach sich, über die in der Hauptstadt nicht per Referendum entschieden werden darf. Zunächst ist hier der Besitz vollkommen entkriminalisiert, Weitergehendes kann der Stadtrat beschließen, was er wohl auch tun will.

Lediglich in Florida ist die Initiative gescheitert, Marihuana zu medizinischen Zwecken zu legalisieren – obwohl die meisten dafür waren. 58 Prozent der WählerInnen wollten legales „Medical Marihuana“, aber weil der Entwurf als Verfassungszusatz konzipiert war, wären 60 Prozent nötig gewesen.

Der Trend ist eindeutig: Das Verbot von Cannabis ist auf dem Rückzug. Nachdem zu Beginn dieses Jahres Colorado die Legalisierung umgesetzt hat, haben Befürworter empirisches Material, mit dem sie arbeiten können. Denn nahezu keine der Befürchtungen der Gegner ist wahr geworden: Weder ist die Zahl der Verkehrsunfälle in die Höhe geschnellt noch die Kriminalitätsrate angestiegen. Auch die Panikmache, kleine Kinder könnten zu Halloween beim „Trick or Treat“ jede Menge THC-haltige Gummibärchen zugesteckt bekommen, hat sich nicht bestätigt – nicht ein Fall wurde gemeldet. Stattdessen: Arbeitsplätze, Steuereinnahmen, Touristen.

Jetzt wird allgemein erwartet, dass zu den Präsidentschaftswahlen im November 2016 Legalisierungsreferenden in weiteren Staaten hinzukommen. Im nächsten Jahr wird die Drug Policy Alliance, eine Lobbyorganisation für eine veränderte Drogenpolitik, eine große Konferenz in Washington abhalten und Strategien besprechen – auch über die USA hinaus. Denn 2016 will sich auch eine Sondersitzung der UN-Generalversammlung mit reformpolitischen Ansätzen beschäftigen. Wenn die USA dabei nicht mehr Bremser wären, wäre bereits viel gewonnen, um die seit 50 Jahren scheiternde Politik des Verbietens, die dem organisierten Verbrechen Milliardenverdienste einbringt und jährlich Zehntausende Menschen das Leben kostet, endlich zum Auslaufmodell zu machen.

BERND PICKERT