Linke im Stellungskrieg

ZWIESPALT Über das Für und Wider von Waffenlieferung an die Kurden diskutierte am Dienstag die Linkspartei. Das Friedensforum blieb dem Anti-Imperialismus treu. Gegen das PKK-Verbot waren alle

„Kobane braucht Hilfe, aber sowas von sofort – und Waffen“

Cindi Tuncel, Linksfraktion

Solidarität mit den im syrischen Kobane eingeschlossenen KurdInnen fordern derzeit alle. Nur, was das heißen soll, da sind sie sich die Linken am Dienstag nicht ganz einig geworden. Auf Einladung der Bremer Linkspartei waren rund 120 BesucherInnen ins Gewerkschaftshaus am Bahnhof gekommen, um über Lieferung von Waffen an die kurdischen Einheiten zu diskutieren. Der Landesparteitag hatte bereits gut zwei Wochen vorher zum Spenden für die Kampagne „Waffen für Rojava“ aufgerufen – und war damit von der ablehnenden Haltung der Bundes-Linken gegenüber Waffenlieferungen abgewichen.

Der linke Bürgerschaftsabgeordnete Cindi Tuncel gehört selbst zur Minderheit der Jesiden, die von den Terroreinheiten des Islamischen Staats (IS) verfolgten werden. Seine Position ist eindeutig: „Kobane braucht Hilfe, aber sowas von sofort – und Waffen“, wie er sagt. Tuncel lobt die Luftschläge der US-Streitkräfte, auch wenn er damit nicht glücklich sei: „Ich bin links, weil die Linke für den Frieden steht“, sagt er. Doch der Kampf gegen den IS sei ein Sonderfall wegen der großen humanitären Notlage der kurdischen Bevölkerung – insbesondere der versklavten und vergewaltigten Frauen.

Barbara Heller vom Bremer Friedensforum sieht das anders. Zwar sprach auch sie von der „Barbarei“ des IS, verwies dann aber auf eine imperialistische Tradition, in welcher der Konflikt stünde – und somit auf die USA als neue „Herrscher der Welt“: Die würden sich seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion überall Zugang zu Rohstoffen für „ihren verschwenderischen Lebensstil“ erkämpfen. Und nicht nur der IS, sondern auch die USA wären Terroristen. Von den einen würden die IS-Enthauptungsvideos gezeigt, die Opfer des „Terrors, den die USA in der Welt verbreiten“, aber zeige niemand – Heller nannte die Verhungerten im Irak als Beispiel und forderte: „Nein zu jeglichem Bündnis mit den imperialistischen Kriegern“. Über die Lage der Kurden sprach Heller wenig.

Trotz ablehnender Zwischenrufe aus dem Publikum war sie mit der Position nicht allein. Mitglieder der Parteiströmung „Antikapitalistische Linke“ stellten den Sinn der Spendensammlungen „Waffen in Rojava“ in Frage. Von 15.000 Euro ließe gerade mal die Munition für einen Gefechtstag kaufen – „immerhin“, hielt ein Kurde dagegen.

Der Blick auf die Realitäten ist so gespalten, dass auch Ironie nicht mehr funktionierte: Da könne man ja gleich mit dem Klingelbeutel zum Rüstungsunternehmen Heckler & Koch gehen, sagte einer. Und plötzlich klatschte der ganze Saal – aus unterschiedlichen Gründen.

Zumindest mit einer Forderung waren sich alle Beteiligten einig: der Aufhebung des PKK-Verbots. Das sei das Mindeste, um mit anderen Organisationen verhandeln zu können, sagte Xebat Akir vom syrischen PKK-Ableger PYD. Nicht, weil das mit dem IS möglich wäre, sondern um andere Verbündete zu finden.  JAN-PAUL KOOPMANN