Zusammenschluss der Kleinen

TARIFEINHEIT Kabinengewerkschaft UFO reagiert auf Nahles’ Gesetzentwurf: Sie ruft die anderen Spartenvereinigungen zur Gründung einer Industriegewerkschaft Luftfahrt auf

„Wir sind in der Luftfahrt die Mehrheitsgewerkschaft“

UFO-VORSITZENDER NICOLEY BAUBLIES

VON ANJA KRÜGER

BERLIN taz | Der Gesetzentwurf zur Tarifeinheit von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) führt im Lager der Spartengewerkschaften zu Bewegung: Die Unabhängige Flugbegleiter Organisation (UFO) hat die Konkurrenz aufgerufen, eine gemeinsame Industriegewerkschaft Luftfahrt zu gründen. „Wir regen an, Politik und Arbeitgebern eine gebündelte Initiative entgegenzusetzen“, sagte der UFO-Vorsitzende Nicoley Baublies der taz. Der Vorstoß richtet sich vor allem an die Organisationen der Fluglotsen (GDF), der technischen Berufe in der Luftfahrt (TGL), des Bodenpersonals (AGIL) und an die Pilotenvereinigung Cockpit.

Nach dem Gesetzentwurf von Nahles soll künftig in Unternehmen nur noch die Gewerkschaft Tarifverträge abschließen und streiken dürfen, die die Mehrheit der Mitglieder in dem jeweiligen Betrieb hat. Das könnte für kleine Arbeitnehmerorganisationen das Aus bedeuten. UFO vertritt das Kabinenpersonal in Flugzeugen. „Wir sind in der Luftfahrt die Mehrheitsgewerkschaft, weil das Kabinenpersonal die meisten Beschäftigten stellt“, sagte Baublies.

Nach eigenen Angaben hat die Kabinengewerkschaft mehr als 13.000 Mitglieder und einen Organisationsgrad von 70 Prozent. Sie wurde 1992 von FlugbegleiterInnen gegründet, die ihre Interessen durch die beiden damaligen, heute in der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (Verdi) aufgegangenen DAG und ÖTV nicht vertreten sahen.

Anders als andere Spartengewerkschaften sieht sich UFO nicht unmittelbar durch den Vorstoß von Nahles bedroht. „Wir haben keine Angst um unsere Existenz, wir können die Diskussion über eine Industriegewerkschaft Luftfahrt ergebnisoffen führen“, sagte Baublies.

Dabei sollen die einzelnen Organisationen eigenständig bleiben. „Wir können nicht einfach einen Dachverband gründen, denn damit wären wir nicht tariffähig“, erklärte er. Außer mit Cockpit haben die UFO-Vertreter noch keine offiziellen Gespräche geführt. Cockpit verhalte sich abwartend, heißt es.

UFO-Chef Baublies wirft Arbeitsministerin Nahles vor, mit dem Tarifeinheitsgesetz ihre sozialdemokratischen Wurzeln verlassen zu haben. Der Entwurf sorge für eine „Atomisierung der Solidarität“. Unter den Beschäftigten herrsche große Unruhe. „Bereits jetzt hat eine Kannibalisierung und Entsolidarisierung eingesetzt“, sagte er. Jede Arbeitnehmerorganisation müsse Allianzen gegen andere schmieden.

Verdi reagierte ablehnend auf den Vorstoß der Konkurrenz. „Damit wird von der UFO eine Spaltung der Belegschaft vorangetrieben“, sagte Verdi-Bundesvorstandsmitglied Christine Behle. „Wir werten das UFO-Vorhaben als Kampfansage, sehen den Bestrebungen jedoch gelassen entgegen.“