Unstrittig: die Lage der Welt

Währungspolitik, Hedgefonds, Patentrechte: Der Gipfel beschließt zu Fragen der Weltwirtschaft wenig, aber guckt viel auf die Schwellenländer, vor allem China

Nur eine Stunde lang sprachen die Staatschefs auf ihrem Gipfel über wirtschaftliche Fragen. Im traditionellen Kerngeschäft der G 8, der Währungspolitik, haben sich die acht darauf verständigt, die Schwellenländer in die Pflicht zu nehmen. In den Worten der G 8 brauchen die Schwellenländer „fortgesetzte Reformen zur Neuausrichtung des Wachstums auf die Binnennachfrage“, um die globalen „Ungleichgewichte“ zu verringern. Gemeint ist damit: China soll weniger exportieren. Ohne China zu nennen, fordert die G 8 „Schwellenländer mit großen und wachsenden Leistungsbilanzüberschüssen“ auf, ihre Währungskurse frei schwanken zu lassen. Die Hoffnung ist, dass chinesische Produkte durch die Aufwertung des Yuan auf dem Weltmarkt teurer werden.

Der Chefökonom der UN-Organisation für Handel und Entwicklung (Unctad), Heiner Flassbeck, hält diese Passage für „vollkommen unlogisch“. Gegenüber der taz sagt er: „Einerseits fordern die G 8, dass sich Entwicklungsländer wie China bewegen. Andererseits vergessen die Staatschefs, zum Beispiel die Exportüberschussnation Japan zu erwähnen, deren Währung wegen der Hedgefonds-Spekulationen immer billiger wird.“

Zum Thema Hedgefonds finden sich wenige Worte und noch weniger Substanz in der Abschlusserklärung. Nach einem grundsätzlichen Lob des Beitrags von Hedgefonds für die „Effizienz“ des Finanzsystems heißt es sinngemäß: Die Bewertung ist kompliziert und wir müssen aufpassen. Es bleibt beim Appell an die „Hedgefonds-Industrie“, ihre Manager besser auszubilden. Zudem sollen die Banken offen legen, wie viel Geld sie an welche Fonds verleihen.

Die Bundesregierung hätte sich eine weiter gehende Regulierung von Hedgefonds gewünscht. Sie fürchtet, dass große Hedgefonds sich mit Krediten verspekulieren könnten und so das Bankensystem in eine Krise stürzen. Mit ihren Plänen scheiterte sie jedoch am Widerstand aus den USA und Großbritannien, wo die meisten Fondsmanager ansässig sind. Der Chef des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Michael Sommer, kritisierte die Einigung: „Dass sich die Staats- und Regierungschefs nicht auf eine striktere Regulierung der Fonds verständigen konnten, ist enttäuschend, war aber zu erwarten. Hier werden wir weiter Druck machen.“

Große Übereinstimmung gab es auch beim Schutz geistiger Eigentumsrechte. „Wir verpflichten uns, die Zusammenarbeit in diesem entscheidenden Bereich zwischen den G 8 und anderen Ländern, insbesondere den wichtigen Schwellenländern zu verstärken“, heißt es in der Abschlusserklärung. Die Unternehmen des Nordens verdienen viel Geld an der Nutzung der geistigen Eigentumsrechte im Süden. Gleichzeitig verlieren sie Milliardensummen durch Produktpiraterie, vor allem in China. In einem sogenannten Heiligendamm-Prozess sollen Schwellenländer und G-8-Länder nun einen „Dialog über Innovation und den Schutz des geistigen Eigentums“ einrichten. Dabei „könnte festgestellt werden“, ob die Schwellenländer den Schutz der geistigen Eigentumsrechte auch „vollständig und wirksam“ umsetzen und wie sie diesen Schutz verstärken können. Wie nur bei besonders wichtigen Themen üblich, setzen sich die G 8 ein Zieldatum: 2009 soll Bilanz gezogen werden.

Entwicklungsorganisationen kritisierten dies gestern heftig. „Wenn die G 8 den Patentschutz verschärft, bleiben neue Medikamente in Afrika, Asien und Lateinamerika teuer. Die G 8 tut nichts dafür, die Pharmaforschung dort zu fördern, wo sie am meisten gebraucht wird“, sagte Tido von Schoen-Angerer von Ärzte ohne Grenzen.

NIKOLAI FICHTNER