Klimaschutz in Betracht gezogen

G 8 einigt sich auf Kompromiss. Schwellenländer wollen gegen zu hohe Auflagen Front machen

HEILIGENDAMM/BERLIN epd/dpa/taz ■ Die G-8-Staaten haben sich auf ihrem Gipfel in Heiligendamm beim Klimaschutz auf einen Kompromiss geeinigt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach gestern Nachmittag von einem sehr großen Fortschritt. Kernpunkte sind die Anerkennung, dass verpflichtende Reduktionsziele für Treibhausgasemissionen notwendig sind, und der Bezug auf den Bericht des Weltklimarats. Künftige Klimaziele sollen unter dem Dach der UN ausgehandelt werden.

Die von Japan, Kanada und der EU angestrebte Senkung der klimaschädlichen Gase um 50 Prozent bis 2050 wird „ernsthaft in Betracht gezogen“, so Merkel. „Ich kann mit diesem Kompromiss sehr, sehr gut leben“, sagte Merkel. Die Umweltminister hätten jetzt den Weg frei, mit Verhandlungen zu beginnen. Termin ist die Weltklimakonferenz im Dezember in Bali (Indonesien). Als Ende ist 2009 festgelegt. Merkel zeigte sich überzeugt, dass auch die USA an den Verhandlungen für die Zeit nach dem Auslaufen des Kioto-Abkommens 2012 mitwirken werden. „Dieser politischen Erklärung entkommt niemand“, unterstrich sie.

Die wichtigsten Schwellenländer wollen heute in Heiligendamm mit einer abgestimmten Haltung auftreten. In einer Serie von bilateralen Gesprächen versuchten die Staatschefs von China, Indien, Mexiko, Brasilien und Südafrika gestern in Berlin, eine gemeinsame Linie zu finden. Vor einer gemeinsamen Runde zeichnete sich gestern ab, dass die fünf Regierungen bei der erweiterten G-8-Tagung gegen Forderungen nach zu hohen Klimaauflagen Front machen wollen. Auf verbindliche Ziele zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen wollen sich die fünf Staaten der sogenannten Outreach-Gruppe nicht einlassen.

Der Kampf gegen die Erderwärmung dürfe nicht auf Kosten des Wachstums in den fortgeschrittenen Entwicklungsländern gehen, hieß es nach einem Treffen von Indiens Präsident Manmohan Singh und Chinas Staatschef Hu Jintao. Die Industrieländer trügen die Hauptverantwortung dafür. Sie müssten deshalb auch die Hauptlast tragen. Singh werde beim Gipfel darauf hinweisen, dass sein Land bereits durch eigene Kraftanstrengungen den CO2-Ausstoß um ein Viertel gesenkt habe. Bezogen auf die Bevölkerungszahl kämen nur vier Prozent der weltweiten Treibhausgase aus Indien.

Umweltschutzorganisationen kritisierten den G-8-Klima-Kompromiss. „US-Präsident Bush hat keinen Millimeter nachgegeben“, erklärte Philip Clapp von der US-Organisation National Environmental Trust. „Am Klimaproblem gemessen ist das Ergebnis überaus mager“, sagte Gerhard Timm vom BUND. Das Fehlen konkreter Klimaschutzziele werde mit „schwammigen Versprechungen“ überdeckt. Merkel müsse nun für Deutschland vorangehen und eine Verpflichtung zu einer CO2-Reduktion von 40 Prozent ankündigen, sagte Tobias Münchmeyer, Klimaexperte von Greenpeace. HG, KK

SEITE VI