Zeigt diese Zuversicht vorm Anpfiff mehr als Fußballpatriotismus?

Auftakt Die Stimmung rund um das Spiel Deutschland gegen Kanada in Berlin ist freundlich – allgemein wird ein hoher Sieg der Neid-Spielerinnen erwartet

VON JOHANNES KOPP

Der Himmel über Berlin grummelt etwas, nun, da in wenigen Stunden in der mit großen Erwartungen beschwerten sechsten Frauenweltmeisterschaft das offizielle Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Deutschland und Kanada angepfiffen werden wird. Doch die Laune der Menschen, die schon zu Hunderten aus den S-Bahnen am Olympiastadion drängen, ist bestens. Die etwas Vorsichtigeren rechnen mit einem 3:0 für Deutschland. Ein im Nationaltrikot gekleideter Mittvierziger dagegen tönt: „Ein 5:0 ist das Mindeste.“ Sein erstes Frauenfußballspiel? „Ob Frauen oder Männer ist doch egal, Hauptsache, gewinnen.“ So könnte der Geschlechterkonsens in den kommenden Wochen in etwa umrissen werden.

Bis zum Spielbeginn werden 73.680 Zuschauer in der ausverkauften Arena ihren Platz gefunden haben, doch bereits um 15 Uhr, drei Stunden vor Anpfiff, sammeln sich Tausende von Frühkommern vor den verschlossenen Toren. Sehr viele haben sich mit allen möglichen schwarz-rot-goldenen Fanutensilien eingekleidet. Eine junge Frau trägt ein Ballack-Trikot – das ist weder in Hinblick auf das Turnier angemessen noch für den Kader der Löw-Auswahl angemessen.

Aber was ist denn da? Ein etwas älterer Herr, so um die sechzig, trägt ein Deutschlandtrikot mit dem Namenszug der Mittelfeldspielerin Melanie Behringer. Kündigt sich hier bereits ein erster neuer Trend an? Ganz so weit ist es noch nicht. Wie sich auf Nachfrage herausstellt, ist der Herr, der sich an den Stadionterrassen im Kreise der Großfamilie ein Bier genehmigt, der Vater der Nationalspielerin.

Viel reden will er nicht. Das Interesse, das er erregt, ist ihm sichtlich unangenehm. „Etwas angespannt bin ich“, gibt er zu. Es ist noch nicht klar, ob seine Tochter von Anfang an spielen darf. Aus dem südbadischen Wieden ist die Behringer-Family für dieses Spiel nach Berlin gekommen.

Trotz der größten Zuschauerzahl, die jemals bei einem Fußballspiel der Frauen in Europa zusammengekommen ist, sticht dieser Mann nur aufgrund seines Trikots aus der Menge.

Zum Endspiel nach Frankfurt würde er gern wiederkommen, doch nur, wenn Deutschland dann noch dabei ist. Mal sehen, ob Papa Behringer in drei Wochen Nachahmer und Nachahmerinnen gefunden haben wird.