Polizeilicher Notstand

Zu wenig Uniformierte: Aus „Sicherheitsgründen“ will die Stadt Schwerin morgen weder eine NPD-Demonstration noch dagegen gerichtete Veranstaltungen zulassen. Jetzt müssen die Gerichte entscheiden

Die Anwohner in der Schweriner Innenstadt haben ihre Anweisungen schon erhalten: Morgen dürfen sie ihre Autos nicht wie gewohnt vor der Haustür parken. Per Postwurfsendung hat die Stadtverwaltung die Halter angewiesen, ihre Wagen zu entfernen – sonst droht kostenpflichtiges Abschleppen. Anlass ist der anstehende Aufmarsch von Neonazis in der mecklenburg-vorpommerschen Landeshauptstadt. Unerwünscht seitens der Behörden ist zudem jedes Engagement gegen den rechten Auftrieb: „Provokative Handlungen“ seien zu vermeiden, die polizeilichen Anweisungen zu befolgen schreibt die Verwaltung.

Seit Monaten planen NPD und Freie Kameradschaften diesen Marsch als Höhepunkt ihre Antik-G 8-Kampagne „Gib 8 – Sozial statt Global“. Bis zu 2.000 rechte Demonstranten hat Stefan Köster, Fraktionsmitglied der NPD im Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, angekündigt. Mehr als 5.000 Teilnehmer erwarten wiederum die Anmelder von mittlerweile drei geplanten Gegenaktionen: Eine Demonstration, ein Bürgerfest und einen Infostand haben verschiedene Antifa-Initiativen, das Stadtparlament sowie Parteien angemeldet.

Geht es aber nach Schwerins Oberbürgermeister Norbert Claussen (CDU) und Polizeidirektionsleiter Ulrich Tauchel, dann findet morgen überhaupt keine Veranstaltung statt. Aus Sicherheitsgründen hat das Ordnungsamt ein Versammlungsverbot über die gesamte Stadt verhängt. Tauchel zufolge hat man in anderen Ländern um Polizeikräfte ersucht. Es seien 1.900 Beamte zugesagt worden, man brauche aber insgesamt 3.700 zusätzliche Kräfte. Claussen erklärte, dass auch „ortsfeste Versammlungen“ würden wegen des polizeilichen Notstands untersagt.

Die NPD ist wegen des Verbots ihrer Demonstration bereits vor das Schweriner Verwaltungsgericht gezogen. Parallel hat die Partei für Samstag eine „Demonstration für Rede-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit“ im benachbarten Ludwigslust angemeldet. Juristische Schritte hat auch das „Antifaschistische Bündnis Mecklenburg-Vorpommern“ ergriffen und einen Eilantrag eingereicht. „Der Versuch aus Antifaschisten Terroristen zu machen, ist ungeheuerlich“, sagt Bündnissprecher Gerhard Hahn.

Das Gericht will „zeitnah“ entscheiden. Die Anwohner sollten sicherheitshalber heute Nacht umparken – sonst füllen sie am Morgen die Schweriner Stadtkasse. ANDREAS SPEIT

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