Regimekritiker Ai Weiwei gegen Kaution frei

CHINA Staatliche Stellen begründen die Freilassung nach zweieinhalb Monaten Haft mit dem schlechten Gesundheitszustand des 54-jährigen Künstlers. Zudem habe er mehrere Steuervergehen gestanden

PEKING/BERLIN dpa/rtr/dapd | Mehr als zweieinhalb Monate nach seiner Festnahme ist der chinesische Künstler und Regimekritiker Ai Weiwei jetzt gegen Kaution wieder auf freiem Fuß und nach Hause zurückgekehrt. Das berichtete am Mittwoch die chinesische Staatsagentur Xinhua unter Berufung auf die Polizei in Peking. Weiweis Freilassung wurde unter anderem mit seinem schlechten Gesundheitszustand begründet.

Demgegenüber teilte der bekannte Regimekritiker mit, dass sein Gesundheitszustand gut sei. Ai bedankte sich bei Reportern, die am Mittwoch vor seinem Studio warteten, für deren Unterstützung. Er erklärte aber, unter den Bedingungen seiner Freilassung könne er sich nicht weiter dazu äußern.

Ai Weiwei war am 3. April am Pekinger Flughafen festgenommen worden, als er nach Hongkong fliegen wollte. Die Festnahme war international auf heftige Kritik gestoßen. Die Bundesregierung und die US-Regierung hatten die sofortige Freilassung des Künstlers gefordert, der aus ihrer Sicht wegen seiner Kritik am kommunistischen System festgenommen worden war.

Die Familie des Künstlers hat den gegen ihn erhobenen Vorwurf des Steuerbetrugs stets zurückgewiesen. Laut Xinhua soll ein Unternehmen, das unter Ai Weiweis Kontrolle gestanden habe, „große“ Beträge an Steuern hinterzogen haben. Am Mittwoch schrieb die Staatsagentur, der 54-Jährige habe sich der Steuerhinterziehung schuldig bekannt und sei zur Steuernachzahlung bereit.

Menschenrechtsgruppen haben darauf hingewiesen, dass chinesische Behörden auch schon in anderen Fällen den Vorwurf von Wirtschaftsverbrechen und Steuervergehen gegen Bürgerrechtler erhoben haben.

Der China-Experte Tilman Spengler hat die Freilassung des Regimekritikers Ai Weiwei begrüßt. Möglicherweise stehe die Freilassung mit dem Deutschlandbesuch des chinesischen Ministerpräsidenten Wen Jiabao in der kommenden Woche sowie dem chinesischen Kulturjahr 2012 in der Bundesrepublik in Verbindung. Bei aller Freude sollten nicht die anderen Gefangenen vergessen werden, unter ihnen der Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo, sagte der Wissenschaftler und Übersetzer der Nachrichtenagentur dpa am Mittwoch.

Spengler sollte Anfang April an der Eröffnung einer deutschen Kunstausstellung in Peking teilnehmen. Die Behörden hatten ihm die Einreise verweigert.