Gabriel lässt die Gruppen tanzen

FINANZEN Beim Steuerkonzept sucht die SPD nach einer Lösung, die alle zugleich glücklich macht

VON GORDON REPINSKI

BERLIN taz | Es gibt bei der SPD in diesem Jahr noch genau ein Thema, mit dem die Partei inhaltlich auf sich aufmerksam machen kann. Das Thema heißt Steuerpolitik. Es wird in der Partei als so wichtig angesehen, dass Parteichef Sigmar Gabriel sich auf die Mithilfe verschiedener Gruppen verlassen kann. Gruppe eins unter der Leitung von Fraktionsvize Joachim Poß hat nun einen ersten Entwurf vorgelegt, der nicht alle erfreut.

In dem Entwurf betont die Gruppe, dass „zur Überwindung der Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte“ Steuermehreinnahmen benötigt würden. Die solide Einnahmebasis, die für gute Schulen gebraucht würde, sei momentan nicht gegeben. Die in der Partei offene Frage, ob ein SPD-Steuerkonzept eher Mehreinnahmen oder Entlastungen bringen soll, schien beantwortet: Mehreinnahmen.

Gerade Parteichef Gabriel ist aber spätestens seit dem Wahlerfolg von Olaf Scholz in Hamburg davon überzeugt, das Steuerkonzept dürfe die SPD nicht zu einer „Steuererhöhungspartei“ machen. Deshalb arbeitet nun eine zweite Gruppe um den Haushälter Carsten Schneider an einer Lösung, die neben Mehreinnahmen auch noch Entlastungen bringen soll. Ursprünglich hatte die SPD mit dem Gedanken gespielt, diese Entlastung über Sozialbeiträge zu erreichen, die ähnlich wie Steuern progressiv verlaufen sollten. Dies hat sich als technisch nicht machbar herausgestellt. Deshalb heißt es aus Fraktionskreisen, nun suche man wieder bei den Steuern.

Die Verfechter der Mehreinnahmen fürchten, dass sich die „Entlaster“ am Ende durchsetzen. Der Schleswig-Holsteiner Ralf Stegner sagt: „Ich erwarte, dass wir ein Konzept beschließen, das die Einnahmen des Staats stärkt.“ Und Juso-Chef Sascha Vogt fordert Gabriel auf, den Entwurf der Poß-Gruppe „ernstzunehmen“.

Am kommenden Montag wird das Ergebnis wohl im Parteipräsidium beraten. Darum macht die SPD-Spitze momentan ein Geheimnis. Mancher Abgeordnete weiß zudem in diesen Tagen vor lauter Arbeitsgruppen nicht mehr, wer eigentlich entscheidet und wann das geschehen soll. Das Fazit eines Teilnehmers: „Mir vergeht langsam die Lust.“

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