LESERINNENBRIEFE
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Ich verstehe die Grünen nicht

■ betr.: „Grüne jetzt Dafür-Partei“, taz vom 18. 6. 11

Die Grünen wollen dem Energiegesetz der Bundesregierung zustimmen. Die Partei, die seit über dreißig Jahren gegen die Atompolitik in der Bundesrepublik kämpft. Das kann ich nicht verstehen. Sie sind dann mit verantwortlich für die nicht endenden ökologischen Katastrophen beim Uranabbau, für Castortransporte bis weit in das Jahr 2030 und Millionen von Steuergeldern für Sicherung, Transport und Lagerung der Castorbehälter. Ganz zu schweigen von Nuklearmüll, unsicherer Technologie und nicht ausreichend gesicherten Atomanlagen. Dabei wäre ein Ausstieg laut BUND, Deutsche Umwelthilfe und Greenpeace bis 2017 möglich. SVEN BOHL, Niebüll

Schlaue Realos

■ betr.: „Verweigerung bringt nichts“, taz vom 18. 6. 11

Ja! Die Grünen-Spitze verrät endgültig – obwohl, man weiß eigentlich nicht, was noch alles „verraten“ werden kann – die Ideale der Partei – wenn diese Partei überhaupt noch Ideale hat. Und immer wieder muss die realpolitische Weisheit herhalten, dass nur dies der erfolgversprechende Weg sei: zurückstecken, aufgeben, nachgeben oder vornehm ausgedrückt „Kompromisse schließen“. Darin sind die Grünen wahrlich Meister, seitdem nur noch Realos das Geschehen bestimmen. Warum gibt es eigentlich noch die Grünen? Nachdem sie nun schon von einer CDU in der Atomfrage links überholt werden. Stattdessen will Ihr Kommentator Ulrich Schulte eine besonders schlaue Taktik darin sehen, dass die Grünen sich weiter anpassen. Also ich sehe da andere Realitäten: Nicht die Grünen haben den Atomausstieg erkämpft, sondern der Druck der Straße und die Stimmung in der Bevölkerung. Und die wollten und wollen den sofortigen Ausstieg. Interessant wären die Blicke und die Argumente der „schlauen“ Realos, wenn in Deutschland in den nächsten drei Jahren ein Meiler hochgeht. Gut, dass ich diesem zynischen Politikverständnis solcher „Reformideologen“ den Rücken gekehrt hatte: 2000 bei dem Eintritt in den Kosovokrieg. JOCHEN SCHMIDT, Heidesheim

Mehr Vielfalt im System

■ betr.: „Ministeriums-Ohrfeige für Schulpreisschule“ taz v. 15. 6. 11

Wie verloren der Kampf der niedersächsischen CDU gegen die Gesamtschule ist, hat Herr Althusmann mit seiner Weigerung, das Abitur nach 13 Jahren zu ermöglichen, eindrucksvoll bewiesen. Als trauriger Ritter von La Mancha hält er trotzig die Fahne für das Turbo-Abi (G 8) aufrecht, während andere, auch konservative, Bildungspolitiker längst zur Einsicht gekommen sind. Das Schlimme daran: Kinder und Jugendliche müssen noch einige Jahre darunter leiden, bis denn auch die niedersächsische CDU dazulernt (oder abgewählt wird) und mehr Vielfalt und Entscheidungsfreiheit im System zulässt. BIRGIT OTT, Göttingen

Als SED-Funktionär auf Linie

■ betr.: „Wie halten Sie’s mit Israel, Herr Gysi“, taz vom 17. 6. 11

Geschmeidig wie gewohnt zeichnet Gregor Gysi in wenigen Strichen sein Elternhaus: weltoffen und nicht so provinziell wie der doofe DDR-Rest. Der Vater: tolerant gegenüber allen Religionen wie der jüdischen und „auch den christlichen Kirchen gegenüber“. Ungesagt bleibt manches. Etwa dass Klaus Gysi als Staatssekretär für Kirchenfragen die evangelische Kirche wegen der Friedensgruppen unter ihrem Dach in den 1980er Jahren massiv unter Druck setzte. Bis hin zu der Drohung, Pfarrer Rainer Eppelmann zu verhaften, falls die Kirche nicht für dessen Ausreise in den Westen sorge. Privat mag Klaus Gysi tolerant gewesen sein. Als SED-Funktionär war er klar auf Linie. SEBASTIAN KRANICH, Halle

Gute Hygiene ist Normalzustand

■ betr.: „Den meisten wird nur etwas kalt“, taz vom 9. 6. 11

Der Artikel zum Umgang mit Ehec in Krankenhäusern liest sich zwar manchmal wie ein Krankenhausroman, ist aber in den meisten Punkten zumindest nicht falsch. Nur leider unterläuft der Autorin der Fehler, die Händedesinfektion als etwas Besonderes darzustellen: „Außerdem wird dann desinfiziert – wie bei jedem Stationseintritt, nach dem Zimmerbesuch, bei der Blutabnahme, nach Patientenkontakt oder dem Schütteln fremder Hände.“

Die hier aufgezählten Tätigkeiten sind allesamt Situationen, nach denen sowieso eine hygienische Händedesinfektion durchzuführen ist und auch stattfindet – unabhängig vom Infektionszustand der Patienten. Gute Hygiene ist in deutschen Krankenhäusern Normalzustand, und nicht die Ausnahme. Was allerdings die Hygiene, und damit auch Patienten, gefährdet, ist ein steter Personalabbau. Der Zusammenhang zwischen Personalmangel und mangelnder Hygiene ist inzwischen durch Studien belegt. PHILIPP TESSIN, Iserlohn

Sie grenzen aus

■ betr.: „Michel und Michaela“, taz-Wahrheit vom 17. 6. 11

Um die Glosse über Bürger zu illustrieren, haben Sie einen Obdachlosen als „Wermutbürger“ ins Blatt gesetzt. Das empfinde ich als denunziatorisch! Und es ist nicht das erste Mal, dass ein solches Bild als scheinbar lustig in der taz zu sehen ist. Gern wird auch die Gruppe der Rentner ins Visier genommen. Sie grenzen damit aus, eigentlich doch nicht Ihre Art. MONIKA WELKE, Berlin