„Ich war nie Ökoaktivist“

Der SC Freiburg hat schon Mitte der 90er-Jahre in Solarstrom und erneuerbare Energien investiert. Treibende Kraft war damals Trainer Volker Finke, der weiß, worauf es ankommt, wenn man Ungewöhnliches will: den richtigen Zeitpunkt

VOLKER FINKE, 59, war 16 Jahre lang, von 1991 bis 2007, Trainer des SC Freiburg. So lange hat noch nie ein Trainer einen Club im bezahlten Fußball trainiert. Finke stieg mit dem Club dreimal, 1993, 1998 und 2003, in die erste Bundesliga auf. Außerdem ist er der einzige Trainer im deutschen Profifußball, der mit einem Verein dreimal auf- und wieder abstieg – und im Amt blieb. Bis 1990 war er Gymnasiallehrer für Sozialkunde.

taz: Herr Finke, heute ist Solarstrom fast schon eine etablierte Energiequelle. Das war 1995 noch anders, als der SC Freiburg sein Stadiondach für eine erste Photovoltaikanlage zur Verfügung stellte. Sie persönlich zeichneten damals einen der ersten Anteile der Gemeinschaftsanlage – was hat Sie dazu bewegt?

Volker Finke: Ich war schon damals persönlich davon überzeugt, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien wichtig ist und dass wir langfristig wegkommen müssen von Öl, Gas und von Atomkraft. Und ich dachte: Ein Ort, an dem so viele Menschen zusammenkommen wie in unserem Stadion, der ist ein guter Multiplikator, um für die Solarenergie und einen vernünftigen Umgang mit der Natur zu werben.

Waren alle Verantwortlichen im Verein damals dieser Meinung?

Natürlich gibt es immer Gegner, wenn man mal was Neues machen will. Aber dann muss man eben versuchen, die Kritiker mit den besseren Argumenten zu überzeugen. Und das ist mir in diesem Fall gelungen, wie man sieht.

Sie haben sich nicht nur gegen Skeptiker im Vereinsvorstand, sondern auch gegen Widerstände von außen behaupten müssen …

Das ist richtig. Wir hatten einmal eine Unternehmensberatung im Haus, die uns erklären wollte, unser Profil sei zu stark ökologisch ausgerichtet. Aber diese Sicht war für mich nie nachvollziehbar. Schließlich hatten wir damals ja sogar einen Hauptsponsor, der Wasserkraftwerke am Hochrhein betreibt. Außerdem passte unser Engagement schon immer sehr gut zu Freiburg. Ich war immer überzeugt und bin es bis heute, dass unser ökologisches Engagement das Image der Marke SC Freiburg positiv beeinflusst hat.

Haben dieses Beispiele eigentlich Nachahmer gefunden – bei Fans oder bei anderen Fußballvereinen?

Schwer zu sagen. Sicher ist: Bei den Fans war unser Engagement immer wieder ein Thema, auch in der Stadionzeitung. Und wir haben bestimmt auch über Freiburg hinaus viele Menschen mit dem Thema erneuerbare Energien konfrontiert. Fußball ist schließlich fast eine Art Weltsprache. Was andere Fußballstadien betrifft: Da wurde im Zusammenhang mit der Fußball-WM – Stichwort: green goal – an manchen Orten durchaus was gemacht. Doch was davon aus der Überzeugung der Verantwortlichen vor Ort geschah und was nur gemacht wurde, weil es gerade chic ist, vermag ich nicht zu beurteilen. Schließlich springen heute viele Menschen populistisch auf den Zug der erneuerbaren Energien auf – zuletzt sogar die Bild-Zeitung. Aber klar, wenn es der Sache dient, soll mir das recht sein.

Was waren denn die persönlichen Motive für Ihr Engagement?

Ich war nie ein Ökoaktivist, aber ich nehme natürlich auch die Welt jenseits des Fußballs wahr. Wenn man in dem Schutz der Erde einen ethischen Wert sieht – und das tue ich – dann muss man auch den Mut haben, diese Erkenntnis an konkreten Stellen umzusetzen. Und da sich damals mit dem Umbau des Stadiondachs die Möglichkeit gab, der Solarenergie bei nur geringen zusätzlichen statischen Veränderungen, einen Platz einzuräumen, war für mich klar: Hier muss der SC Freiburg Flagge zeigen. Das war so eine typische Situation, wo man plötzlich erkennt: Das ist der richtige Zeitpunkt, und den müssen wir nutzen.

Sie haben 2.200 Quadratmeter Photovoltaik auf dem Stadiondach, Ihre Spieler und Ihre Gegner duschen nach den Heimspielen mit solar erwärmtem Wasser, und die Wärme der Rasenheizung stammt aus zwei hocheffizienten und innovativen Stirling-Motoren. Habe ich noch was vergessen?

Die Freiburger Fußballschule darf in der Aufzählung nicht fehlen. Ich hatte mich frühzeitig dafür eingesetzt, dass wir auch deren Energiekonzept noch überarbeiten. So haben wir dort heute eine Holzhackschnitzelheizung. Und ich kann Ihnen versichern: Die hat sich bei den gestiegenen Öl- und Gaspreisen schon rentiert.

Also hat der SC Freiburg alles richtig gemacht?

Ja, ich denke schon. Umweltthemen haben in den vergangenen Jahren immer Zyklen durchgemacht. Wenn der Zeitgeist gerade wieder gegen die Ökologie stand, dann galten unsere Aktivitäten plötzlich mal wieder als weltfremd. Aber durch die Klimadebatte des letzten halben Jahres müssen auch die Kritiker von damals eingestehen, dass wir alles richtig gemacht haben. Und ich bin überzeugt, dass sich an dieser Sicht der Dinge auch in Zukunft nichts mehr ändern wird.

INTERVIEW: BERNWARD JANZING