Der Freund der Präsidenten

Auch Wladimir Putin trauert über den Verlust eines „wahren Freundes“

Kurz vor Mitternacht kam es zum Unglück. Ein Privatjet kollidierte beim Start im dichten Nebel auf dem Wnukowo-Flughafen in der Nähe von Moskau mit einem Schneepflug, der auf der Startbahn stand. Russische Ermittler erklärten, der Fahrer des Schneepflugs sei betrunken gewesen. Die vier Insassen des Fliegers starben, unter ihnen auch Christophe de Margerie, der Chef des französischen Ölkonzerns Total. Er wurde 63 Jahre alt.

Französische Medien und Politiker würdigten den Firmenchef am Dienstag einstimmig. Premierminister Manuel Valls, der ihn sogar als „einen Freund“ schätzte, sagte, „Frankreich hat einen außergewöhnlichen Betriebsleiter verloren, der Total in einen globalen Riesen verwandelt hat“.

Mit mehr als 110.000 Mitarbeitern in 130 Ländern ist Total das fünftgrößte Mineralölunternehmen der Welt. Der Konzern genießt das umstrittene Privileg, in Frankreich keine Körperschaftssteuer zahlen zu müssen, leidet aber unter einem schlechten Ruf. „Wenn man mit der Mehrheit der Leute über Total redet, wissen sie nicht genau, was es ist, aber sie wissen, dass es nicht gut ist“, hatte Christophe de Margerie über die Firma gesagt, deren Chef er seit 2010 war. Der Mann, den die Franzosen wegen seines buschigen Schnurrbarts und seiner amüsanten klaren Sprache kannten, versuchte das Image von Total zu verbessern. Eine schwierige Aufgabe. Denn Total ist für eine Ölkatastrophe an der bretonischen Küste, für Entlassungen trotz riesiger Gewinne und für Geschäfte mit Kriegsländern bekannt.

Auch von Moskau hatte sich Total nie abgewandt. Trotz der aktuellen westlichen Sanktionen wollte Christophe de Margerie Russland bis zum Jahr 2020 zum Hauptproduktionstandort von Total für Kohlenwasserstoff ausbauen. Laut der russischen Zeitung Wedomosti hatte Premierminister Dmitri Medwedew den Total-Chef am Montag in seine Wohnung eingeladen, um sich über ausländische Investitionen zu unterhalten. Auch Russlands Präsident Wladimir Putin schrieb in einer Beileidsmitteilung vom „Verlust eines wahren Freundes“. JACQUES PEZET