Regimegegner berichten von Razzien in mehreren Dörfern

SYRIEN Die UNO spricht in einem Bericht von ausufernder Gewalt der Sicherheitskräfte gegen Zivilisten

Die Zahl der Flüchtlinge in der Türkei steigt

ISTANBUL/ DAMASKUS/ GENF dpa | Nach ihrem Einmarsch in die Städte Dschisr al-Schugur und Maarat al-Noaman soll die syrische Armee jetzt in mehrere Dörfer der Provinz Idlib vorgestoßen sein. Das berichtete ein Sprecher der Regimegegner an der syrisch-türkischen Grenze am Mittwoch in einem Telefoninterview.

Nur ein kleiner Teil der rund 45.000 Einwohner von Dschisr al-Schugur sei bisher in die Türkei geflüchtet, sagte der Sprecher. Die meisten Bewohner der Stadt, die von der Armee in den vergangenen Tagen mit schweren Waffen angegriffen wurden, hätten dagegen in den umliegenden Dörfern Zuflucht gesucht.

Da sie sich wegen der Razzien der Armee in diesen Dörfern nun aber auch nicht mehr sicher fühlten, sei mit einem weiteren Zustrom von Flüchtlingen in die Türkei in den kommenden Tagen zu rechnen. Seit Dienstag hätten erneut rund 700 Syrer die Grenze überquert. Damit sei die Zahl der Flüchtlinge in der Türkei auf mehr als 9.000 angestiegen.

Flüchtlinge aus Maarat al-Noaman berichteten den Helfern an der Grenze, als die Armee vor etwa zwei Tagen damit begonnen habe, in ihre Stadt einzumarschieren, seien etliche Soldaten desertiert. Die Staatsmedien stellen die Strafexpedition der Armee in der Provinz Idlib, zu der Dschisr al-Schugur und Maarat al-Noaman gehören, als „Operation gegen bewaffnete Terroristen“ dar. Die Nachrichtenagentur Sana meldete, viele Bewohner seien in ihre Häuser zurückgekehrt, „nachdem die Armee die Ortschaften von den Elementen der bewaffneten terroristischen Vereinigungen gesäubert hatte“.

Nach Schätzungen der UNO sind in Syrien binnen weniger Wochen etwa 1.100 Menschen ums Leben gekommen; etwa 10.000 Menschen seien seit Mitte März willkürlich festgenommen worden, heißt es in einem Bericht des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte. Er wurde am Mittwoch dem UN-Menschenrechtsrat in Genf vorgelegt. Inzwischen dürften sich die Zahlen noch weiter erhöht haben.

In dem angeforderten Bericht ist von „ausufernder Gewalt durch syrische Sicherheitskräfte gegen Zivilisten“ die Rede. Dabei seien hauptsächlich friedliche Demonstranten betroffen gewesen. Am ungeheuerlichsten seien Berichte, nach denen auf Zivilisten geschossen worden sei, auch von Scharfschützen, die sich auf Dächern öffentlicher Gebäude verschanzt hätten.