London verbietet Klimawandel per Gesetz

Großbritanniens Parteien streiten: Wer ist der Grünste im ganzen Land? Regierung Blair plant gesetzliche Höchstmengen für den Ausstoß von Kohlendioxid. Der konservativen Opposition geht das nicht weit genug: Sie will Obergrenzen fürs Fliegen

VON RALF SOTSCHECK

Die britische Regierung will den Ausstoß von Kohlendioxid gesetzlich regeln. Eine gestern vorgestellte Gesetzesvorlage sieht vor, dass ein neu gebildeter Ausschuss für Klimawandel Fünfjahrespläne aufstellt, in denen die zulässigen Höchstmengen festgelegt werden. Die Regierung soll dem Parlament einmal im Jahr Rechenschaft über die Einhaltung der Vorgaben ablegen. Falls sie diese Zielvorgaben verfehlt, ist sie verpflichtet, sofortige Maßnahmen zu ergreifen.

Den oppositionellen Tories geht das sogar nicht weit genug. Parteichef David Cameron fordert die Festlegung jährlicher Vorgaben. Peter Ainsworth, der Umweltexperte der Konservativen, sagte: „Cameron hat den Klimawandel auf die politische Tagesordnung gesetzt. Großbritannien kann stolz darauf sein, als erstes Land der Welt einen rechtlichen Rahmen für die Reduzierung von Kohlendioxid zu schaffen. Wir müssen aber sicher stellen, dass dieser Rahmen auch Ergebnisse liefert. Wir müssen aufhören, die Ziele zehn Jahre im Voraus vorzugeben, sie acht Jahre zu ignorieren und sie im neunten Jahr heimlich in der Schublade verschwinden zu lassen.“

Man wolle mit der Regierung zusammenarbeiten, sagte Ainsworth, denn das Thema sei zu wichtig für Parteipolitik. Das ist es aber offenbar nicht. Cameron stritt mit Finanzminister Gordon Brown, der vermutlich im Sommer das Amt des Premierministers übernehmen wird, am Montag im Unterhaus darum, wer der Grünste im Land ist. So wollen die Tories unter anderem Reisenden eine Freimenge von 2.000 Flugmeilen im Jahr zubilligen. Bei Überschreiten sollen hohe Steuern fällig werden.

Brown ist dagegen, sein Parteichef ist es auch. „Blair findet nicht, dass das Besteigen eines Flugzeuges zum Straftatbestand werden soll“, sagte ein Sprecher des Premierministers. Die Luftfahrt sei zur Zeit lediglich für 5 Prozent des britischen Kohlendioxid-Ausstoßes verantwortlich, die Haushalte dagegen für 25 Prozent. Deshalb will Brown Zuschüsse für bessere Isolierung der Häuser sowie für Solar- und Windenergie gewähren, damit die Haushalte in Zukunft nicht nur Verbraucher, sondern auch Produzenten von Strom werden.

Außerdem sollen herkömmliche Glühbirnen bis 2011 abgeschafft und die Standby-Knöpfe an elektronischen Geräten verboten werden. Dadurch soll der Kohlendioxid-Ausstoß bis 2050 um 60 Prozent gesenkt werden. Brown möchte einen internen britischen Emissionshandel einführen, der weiter geht als die EU-Regelung und auch Supermärkte, Bezirksverwaltungen und andere Behörden umfasst.

Das einzig Grüne an Brown sei das Recycling seiner Politik, höhnten die Tories, die am Montag darauf hinwiesen, dass er auf den Tag genau vor zwölf Jahren die gleichen Vorschläge gemacht habe. Cameron erinnerte außerdem daran, dass es in einem Regierungspapier vom Januar hieß, es sei absolut notwendig, den Kohlendioxid-Ausstoß der Luftfahrt zu senken. Im Jahr 2050, so stand in dem Bericht, würde die Luftfahrt zwischen 26 und 44 Prozent zum britischen Kohlendioxid-Ausstoß beitragen, wenn man jetzt nichts unternähme.

Peter Cox, Klimaexperte an der Universität Exeter, sagte: „Wenigstens sprechen sie endlich darüber. Aber die meisten Vorschläge haben dieselbe Stoßrichtung: Wer zahlen kann, darf verschmutzen.“ Jim Watson von der technologischen Forschungsabteilung der Universität Sussex fügte hinzu: „Die Politiker halten gerne großartige Reden, aber in der Realität hinkt die Energiepolitik hinterher.“