Schwarz-Grün: Kretschmann flirtet mit Angela Merkel

KOALITIONEN Ministerpräsident sieht mit dem Atomausstieg Chancen für Schwarz-Grün im Bund

BERLIN dpa | Der geplante Atomausstieg lässt die Grünen über eine Koalition mit der Union auf Bundesebene neu nachdenken. Für Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) ist mit der Atomkraft-Kehrtwende von CDU/CSU „eine wesentliche Hürde“ gefallen. „Die Verlängerung der Laufzeiten hat unüberbrückbare Gräben aufgerissen, die werden nun wieder eingeebnet“, sagte er dem Berliner Tagesspiegel. Grünen-Chefin Claudia Roth warnte hingegen vor Scheindebatten: „Die Aufgabe, die richtigen Weichen für eine neue Energiepolitik zu stellen, ist zu groß für bloßes Koalitions-Klein- Klein.“ Kretschmann dagegen lobte den Kurswechsel der Kanzlerin in der Energiepolitik. Trotz berechtigter Kritik verdiene Merkel „großen Respekt“ für ihre Entscheidung. „Ich kann mich in ihre Rolle versetzen. Das ist eine schwierige Kehrtwende, mit der sie innerparteilich ein hohes Risiko eingeht.“

Der Ministerpräsident rief seine Partei auf, am 25. Juni auf dem Sonderparteitag dem fünfstufigen Ausstieg bis 2022 zuzustimmen. Andere Grünen-Politiker sind dagegen und streben einen Ausstieg schon bis 2017 an. Merkel will möglichst einen Konsens mit SPD und Grünen, um das Atomthema dauerhaft zu befrieden und Investitionssicherheit für Unternehmen zu schaffen.

SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann kritisierte die Aussagen Kretschmanns: Es sei eine absurde Vorstellung, dass die Grünen sich ab 2013 für Merkel als Mehrheitsbeschaffer zur Verfügung stellen könnten. Die Grünen liegen in einigen Umfragen derzeit vor der SPD. Zusammen haben beide Parteien einen klaren Vorsprung von bis zu 14 Prozentpunkten vor dem Koalitionslager von Union und FDP.

Die FDP ist nach den Koalitions-Debatten über den Atomausstieg und neue Hilfen für Griechenland um Entspannung bemüht. Zwischen Union und FDP gebe es „nach wie vor deutlich mehr Übereinstimmungen als Unterschiede“, sagte FDP-Chef Philipp Rösler der Welt am Sonntag. Rösler rief derweil die schwarz-gelbe Koalition, die in Umfragen teilweise nur auf 35 Prozent der Stimmen kommt, zur Konzentration auf Sachthemen auf. Der FDP-Chef setzt darauf, dass auch Merkel Schwarz-Gelb bevorzugt: „Im Übrigen kann sie rechnen – und weiß deshalb, dass die Alternative Rot-Grün heißt.“