Der gute Mensch für den Übergang

Lothar Bisky (65) beabsichtigt, nach der geplanten Fusion der Linkspartei.PDS mit der WASG im Tandem mit Oskar Lafontaine für den Chefposten der neuen Partei zu kandidieren FOTO: AP

Lothar Bisky will Parteichef der neuen Linkspartei werden? Jener Bisky, der, müde und erschöpft, im Jahre 2000 als PDS-Vorsitzender zurückgetreten war, weil er nicht länger die „finale Mülltonne der Partei“ sein wollte? Ausgerechnet jener Bisky, der sich drei Jahre später wieder überreden ließ und in den Parteivorsitz zurückkehrte, aber schon lange nicht mehr verbergen konnte, dass ihn die Partei mit ihren Richtungsstreitigkeiten nur noch mäßig interessierte? Ja genau, dieser Lothar Bisky (65) steht jetzt erneut bereit. Im Sommer 2007 will er sich zu einem der beiden Vorsitzenden der aus PDS und WASG zusammengewürfelten Linkspartei wählen lassen. Das gab er gestern bekannt.

Was auf den ersten Blick wie die Fortsetzung eines lustlosen Projekts mit anderen Mitteln aussieht, ist in Wahrheit die Einlösung eines alten Versprechens. Als Gregor Gysi und Oskar Lafontaine im Sommer 2005 in die Politik zurückkehrten, rangen sie Bisky eine wichtige Zusage ab: Er müsse die neu zu gründende Linkspartei führen, mindestens für die schwierige Übergangszeit am Anfang. Nur das Duo Bisky-Lafontaine könne PDS und WASG, Ost und West, Realos und Fundis zusammenhalten. Da war den drei Männern auch egal, dass eine linke Partei ohne Frau an der Spitze nicht gerade als Heimstatt der Emanzipation daherkommt.

Bisky ist 1989 durch einen historischen Zufall in die Politik geschleudert worden. Der Kulturwissenschaftler lebte bis dahin für den Film. Bis zum Ende der DDR war er Rektor der renommierten Hochschule für Film und Fernsehen in Babelsberg: ein sensibler Lehrmeister, ein verständnisvoller Chef, Mitglied der SED mit Rückgrat, wenngleich nicht frei von Opportunismus. Die Politik der Wendezeit hat ihn nicht mehr losgelassen. Aber ein richtiger Politiker ist Bisky nie geworden.

Er hat sich die Zumutungen, die der politische Betrieb mit sich bringt, immer vom Leib zu halten versucht. Er ging nicht auf Vorstandssitzungen, wenn es nicht unbedingt sein musste. Er mied die Parteizentrale, weil ihm schon die Vorstellung, wie viele aufgeblasene Diskussionen dort stattfinden, körperliche Schmerzen verursachte. Er entzog sich, wann immer es ging, den Aufdringlichkeiten der Medien.

Als Parteichef ist er ein Ermöglicher. Seine Mitarbeiter können sich nicht erinnern, von ihm jemals eine Anweisung erhalten zu haben. Er hat die Partei durch alle Krisen moderiert – aber nie geführt. Er war und ist der gute Mensch der PDS. Dass sie ihn auch noch in der Linkspartei brauchen, zeigt, wie schwierig es um das linke Projekt bestellt ist. Bisky soll das zusammenführen, was noch nicht zusammenpasst.

JENS KÖNIG