Lahme Ente am Aasee

Münsters CDU-Oberbürgermeister Berthold Tillmann gibt Amtsverzicht bekannt. Seine Partei ist nicht allzu traurig

Hört 2009 auf: Münsters CDU-OB Berthold Tillmann will sich lieber „um die kleinen Dinge des Lebens“ kümmern ARCHIV

Wenn politische Chefs zur nächsten Wahl nicht wieder antreten, sind sie „lahme Enten“ – machtlose Verwalter ihres Amtes. US-Präsident George W. Bush ist eine „lame duck“, weil er 2008 aufhören muss. Und Münsters Oberbürgermeister Berthold Tillmann ist jetzt die lahme Ente in der Aasee-Stadt. Das 57-jährige CDU-Stadtoberhaupt will sich bei der nächsten NRW-Kommunalwahl 2009 nicht erneut bewerben. Der Fahrrad- und Unistadt in Westfalen steht ein langer Wahlkampf bevor – mit einem Rathauschef auf Abruf.

Unpolitisch war die Begründung des OB für seinen Amtsverzicht. Tillmann betonte nämlich, seine Entscheidung sei in keiner Weise aus Frustration oder Druck gefallen. 2009 werde er 30 Jahre lang bei der 280.000-Einwohner-Stadt tätig gewesen sein. Er strebe dann keine öffentlichen Ämter mehr an, sondern wolle sich für die „kleinen Dinge des Lebens interessieren“, sagte der studierte Soziologe und Politikwissenschaftler. In Münsters Lokalpresse wird auch über einen Wechsel zum Westfälischen Sparkassenverband spekuliert.

Allzu emotional fiel die Post-Tillmann-Trauer bei der Münsteraner CDU nicht aus. „Wir sind Berthold Tillmann dankbar für die frühzeitige Bekanntgabe seiner Entscheidung“, sagte Kreisverbandschef Markus Lewe. So könne die CDU Münster die Kandidatur für das OB-Amt „zügig und sorgfältig klären“. Lewe werden ebenso wie Ratsfraktionschef Heinz-Dieter Sellenriek nun Ambitionen auf eine OB-Kandidatur nachgesagt.

„Tillmanns Rückzug offenbart die Zerstrittenheit in der CDU“, sagt Svenja Schulze, SPD-Parteivorsitzende in Münster und NRW-Landtagsabgeordnete. Für die linke Sozialdemokratin ist Tillmanns Entscheidung ein Zeichen der Resignation: „Der OB hat seine Probleme mit der unsozialen Politik der schwarz-gelben Ratskoalition.“ Bäderschließungen, Sparhaushalt – CDU und FDP hätten sich mit ihrer Politik viele Gegner in der katholischen Bischofsstadt gemacht.

Schon träumt die Rot-Grün davon, Tillmann zu beerben. Bereits bei der letzten NRW-Kommunalwahl 2004 war SPD-Mann Christoph Strässer nur knapp gegen den CDU-Amtsinhaber gescheitert. Und bei der Bundestagswahl 2005 kamen SPD, Grüne und Linke in Münster auf 50 Prozent. Vielleicht macht es Tillmann deshalb wie George Bush genau richtig. Als lahme Enten müssen beide zumindest keine Wahlpleite mehr fürchten.

MARTIN TEIGELER