UNO beglückt Somalia mit „Prinzip Hoffnung“

Neuer Chef der UN-Hilfe besucht das zerstörte Mogadischu und muss wegen Unsicherheit gleich wieder gehen

NAIROBI taz ■ Freundliche Worte für John Holmes, den neuen UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, hat in Mogadischu niemand übrig gehabt. Dabei hatte sich am Wochenende zwölf Jahre nach dem Abzug der letzten UN-Blauhelme endlich wieder ein ranghoher Vertreter der Vereinten Nationen in die Hauptstadt von Somalia getraut. Doch bei den Vertretern der somalischen Zivilgesellschaft machte Holmes am Samstag vor allem „ein großes Maß an Skepsis und auch blanken Hass“ gegen die globale Völkergemeinschaft aus. „Die Somalis fühlen sich im Stich gelassen“, berichtete er gestern nach seiner Rückkehr in Nairobi.

Holmes, der eigentlich bis Sonntag bleiben wollte, wurde nach zwölf Stunden in Somalia wegen Sicherheitsbedenken ausgeflogen. Da hatte Holmes immerhin schon Somalias Übergangspräsident Abdullahi Yusuf und Premier Ali Mohammed Ghedi die Unterstützung der UNO zugesagt. „Aber wir fordern zugleich einen Dialog mit allen Gruppen“, sagt er. An der nationalen Versöhnungskonferenz, die schon mehrfach verschoben wurde und jetzt Mitte Juni beginnen soll, sollen auch Unterstützer der Ende Dezember von Yusuf und Äthiopien verjagten Islamisten teilnehmen.

„Präsident Yusuf hat zugesagt, den Hawiye-Clan maßgeblich am Dialogprozess zu beteiligen“, so Holmes weiter. Die Hawiye haben Mogadischu seit der Flucht des Diktators Siad Barre 1991 fast ständig unter ihrer Kontrolle gehabt und lehnen Yusuf als Vertreter des mit ihnen verfeindeten Darod-Clans ab. Bei den schweren Kämpfen im April, bei denen Hunderte ums Leben kamen und bis zu einer halben Million Somalis ins Umland flohen, standen sich regierungstreue Truppen und Clanmilizen der Hawiye gegenüber.

Doch obwohl Holmes sich hinter die Regierung stellte, bekam der Hilfskoordinator von dieser vor allem kritische Worte zu hören. Zwar will die Regierung Straßensperren abbauen und bürokratische Hürden beseitigen, damit den Flüchtlingen besser geholfen werden kann. „Unsere Hilfe erreicht derzeit nur gut ein Drittel der Bedürftigen“, warnt Holmes. Doch Präsident Yusuf warf den UN vor, die Lage zu dramatisieren. Den Hilfswerken, die im zerstörten Somalia Wasserversorger, Nahrungsmittellieferant und Krankenhausbetreiber in einem sind, warf Yusuf vor, nicht mit der Regierung zu kooperieren.

Abukar Scheich Ali von der somalischen Hilfsorganisation Daryeel Bulsho Guud (DBG) kann Yusufs Vorwürfe nicht verstehen. „Wir haben fast täglich Treffen mit der Übergangsregierung“, sagt er. „Das Problem ist, dass derzeit noch vollkommen unklar ist, was die Regierung genau will.“ DBG, deren Büro von äthiopischen Truppen in Schutt und Asche gelegt wurde, arbeitet derzeit von einem Camp außerhalb der Stadtgrenzen. „Die Leute würden gerne zurück nach Mogadischu, aber dort sind die Häuser zerstört, es gibt keinen Strom, kein Wasser – wohin sollen sie also zurückkehren?“

Zudem, so Flüchtlinge, herrscht in den Lagern Angst. Nicht nur vor den regierungsfeindlichen Milizen, sondern auch vor den Regierungstruppen. Holmes spricht von „Verschleppungen“, ohne die Verantwortlichen zu nennen. Gemeinsam mit Kriegsverbrechen im April sollen diese jetzt von der UN-Kommissarin für Menschenrechte, Louise Arbour, untersucht werden. MARC ENGELHARDT