Abweichler werden erwartet

BERLIN taz | Thomas Oppermann sprach am Mittwochmorgen erst klare Worte – um sie dann gleich zu relativieren: „Es spricht viel dafür, dass die Sozialdemokraten zustimmen“, sagte der SPD-Fraktionsgeschäftsführer im Bundestag mit Blick auf das offene Abstimmungsverhalten seiner Partei beim Atomausstiegsgesetz. Die Einschränkung: „Als Mehrheitsbeschaffer stehen wir nicht zur Verfügung.“ Eine Zustimmung der SPD gibt es also nur bei gleichzeitiger Kanzlerinnenmehrheit? Oppermann ließ es offen.

Schon in den Tagen zuvor war klammheimliche Schadenfreude über die Abweichler in den Regierungsfraktionen bei Oppermann spürbar. Per Pressemitteilung ließ er am Dienstag verbreiten, dass die Koalition nach den Abgängen von Julia Klöckner (CDU, nach Rheinland-Pfalz) und Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU, zurück auf sein Schloss) nur noch eine Mehrheit von 19 Stimmen habe. Es sei aber mit bis zu 21 Abweichlern zu rechnen. Ohne eigene Mehrheit in dieser Frage sei die Kanzlerin gescheitert, sagte Oppermann.

Die Motive der möglichen Abweichler in der Koalition sind sehr unterschiedlich. In der Union reichen sie von technischen Bedenken bis zu der Sorge, in Zukunft von benachbarten Atomkraftwerken im Ausland Strom importieren zu müssen. In der FDP gibt es zudem einen guten Teil Abgeordneter, die vergrätzt sind über die Art und Weise, wie die Kanzlerin die Liberalen in der Atomfrage überfahren hat.

Bei den Grünen zeichnet sich eine Zustimmung zu dem Ausstiegsbeschluss ab. Jedoch will die Partei erst bei einem Parteitag am 25. Juni endgültig ihr Abstimmungsverhalten festlegen. Die Linke lehnt die Pläne der Bundesregierung ab. Nach ihrer Auffassung ist der Ausstieg schon bis 2014 möglich.

GORDON REPINSKI