Kinderüberraschung in der Bundeswehrkaserne

BAD REICHENHALL Ein neues Video vom Tag der offenen Tür zeigt: klarer Verstoß gegen Waffenkontrollgesetz

Das neue Video könnte die Sachlage ändern

VON MARTIN RANK

BERLIN taz | Beim Tag der offenen Tür der Gebirgsjägerbrigade 23 in Bad Reichenhall hat es offenbar noch weitere Rechtsverstöße gegeben. In einem neuen Internetvideo ist deutlich zu erkennen, wie Kinder mit Kriegswaffen, darunter auch Maschinengewehren, hantieren. Für den Vizepräsidenten des Deutschen Schützenbundes, Jürgen Kohlheim, gibt es keinen Zweifel, dass es sich um echte Waffen handelt. Er hat sich das Video für die taz angesehen. „In einer Szene wird der Schlitten einer Pistole zurückgezogen“, sagte Kohlheim der taz. Bei Attrappen sei dies nicht möglich. „Es handelt sich um einen klaren Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz“, so Kohlheim. „Außer den Berechtigten dürfte niemand die Waffen in die Hand bekommen.“ Der Sprecher der Gebirgsjäger wollte nicht kommentieren, ob es sich um echte Waffen handelt.

Bislang waren nur die Bilder des linken Bündnisses Rabatz Gegenstand der Diskussion, auf denen man sehen konnte, wie Kinder mit Waffenattrappen auf ein Miniaturdorf mit dem Namen „Klein Mitrovica“ zielen. Im Zweiten Weltkrieg waren Gebirgsjäger in der kosovarischen Stadt Mitrovica an einem Massaker beteiligt. Von 1999 an waren sie erneut als Teil der Friedenstruppen dort stationiert.

Die Staatsanwaltschaft Traunstein hat Vorermittlungen wegen Volksverhetzung und Verstoßes gegen das Waffenkontrollgesetz eingeleitet. Letzterer Verdacht werde sich wohl aufgrund der Fotos nicht erhärten, sagte ein Sprecher der taz. Das neue Video könnte die Sachlage ändern.

Unterdessen hat das Rabatz-Bündnis ein weiteres Bild veröffentlicht, auf dem zu sehen ist, wie Kinder mit Waffen spielen. Es stammt angeblich vom Tag der offenen Tür der Karfreitkaserne in Brannenburg im Juli 2009. Der Standort wurde mittlerweile aufgelöst.

Die Bundeswehr will die Vorfälle in Bad Reichenhall aufklären und Ende dieser Woche erste Ergebnisse vorlegen. Die Untersuchungen werden vom Kommandeur des Bataillons, Brigadegeneral Johann Langenegger, geleitet. Er war auch für die Organisation des Tags der offenen Tür verantwortlich. Die Elitetruppe gerät nicht zum ersten Mal in die Kritik. 2010 wurde bekannt, dass Rekruten bei den Gebirgsjägern in Mittenwald als Mutprobe rohe Schweineleber essen mussten. Gebirgsjäger posierten 2006 auch mit den Totenköpfen in Afghanistan.