Mit Schampus und Zeckenbiss

Bremens Große Koalition brachte in zwölf Jahren 21 Senatoren und 32 Staatsräte ins Amt – und einen Großteil auch wieder hinaus. Die besten Ab- und Rücktritte

Ulrich Nölle (CDU, Finanzen): Der „Glücksfall für Bremen“ (O-Ton CDU 1995) tritt 1997 nach Auseinandersetzungen mit CDU-Landeschef Bernd Neumann zurück, offizieller Grund: ein Zeckenbiss. Geschäfte mit >Bortscheller treiben seinen Schuldenstand in die Höhe. 2003 werden Wohnungen von ihm zwangsversteigert: Er hatte selbst die Grundsteuer nicht mehr gezahlt. Dumm läuft auch ein Immobilien-Deal in Dresden: Nölle, inzwischen per Haftbefehl gesucht, setzt sich nach Frankreich ab.

Uwe Beckmeyer (SPD, Häfen): Verlegt sein Ressort nach Bremerhaven, was laut Gutachten jährlich sechsstellige Mehrkosten verursacht. Nach der Wahl 1999 wird es dem Wirtschaftsressort in Bremen zugeschlagen – Beckmeyer ist draußen.

Ralf Borttscheller (CDU, Inneres): Kauft 1996 gemeinsam mit Finanzsenator >Nölle eine Bremer Bank. Der Polizei will er erlauben, Gangster zu erschießen. „Der Mann ist eine Zeitbombe“, lästern CDU-Kollegen. Nach der Wahl 1999 geht Bortscheller leer aus. Als Anwalt schmuggelt er Jahrmarktchips ins Gefängnis, 2004 gibt er seine Notarszulassung zurück. Wenig später reicht er für einen Mandanten einen gefälschten 700.000 Euro-Scheck bei einer Bank ein.

Peter Gloystein (CDU, Wirtschaft, Häfen, Kultur): Schüttet beim Weinfest 2005 einem Obdachlosen grinsend Sekt über den Kopf. Die „Wucht der Bilder“ zwingt ihn zum Rücktritt.

Henning Scherf (SPD, Justiz, Kirche und Bürgermeister): Schleust Millionen am Parlament vorbei zur Grass-Stiftung und zur International University Bremen, verkündet seiner Partei 2004 per Radiointerview aus dem Eismeer, dass er doch länger als 2005 im Amt bleiben will. Die SPD ist entsetzt, Ende 2005 hat Scherf aber doch genug.

Jens Eckhoff (CDU, Bau, Umwelt, Verkehr): Geht öffentlich ins Fitnessstudio, um seine Figur senatorabel zu machen. Will die CDU zur modernen Großstadtpartei machen, kokettiert mit schwarz-grün. Alte Freunde von ihm beauftragen Ex-Stasi-Experten, das Büro von CDU-Landeschef Bernd Neumann zu verwanzen. Eckhoff fällt bei dem in Ungnade, Anfang 2006 wirft er das Handtuch.

Hartmut Perschau (CDU, Wirtschaft und Häfen, später Finanzen): Mitverantwortlich für die über 200 Millionen Euro, die Bremen im Projekt „Space Park“ versenkt. Das Misstrauensvotum 2004 deswegen übersteht er, einen Monat später tritt er aus gesundheitlichen Gründen zurück.

Karin Röpke (SPD, Soziales): Will den inzwischen inhaftierten Klinikchef Andreas Lindner trotz massiver Hinweise auf dessen Fehlverhalten befördern, Missstände im Sozialamt verfolgt sie nicht. Als das Kind Kevin im Herbst 2006 tot im Kühlschrank gefunden wird, tritt sie zurück – einen Tag vor einem geplanten Misstrauensvotum wegen des Klinikskandals. SIM