Salzige Werra soll süß werden

Die hessischen Grünen machen gegen höhere Salzeinleitungen durch den Düngemittelkonzern Kali und Salz mobil

WIESBADEN taz ■ „Es gibt keinen deutschen Fluss, der so belastet ist“, wettert die umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Wiesbadener Landtag, Ursula Hammann. Gemeint ist die osthessische Werra, in die der Düngemittelkonzern Kali und Salz seinen Abraum einleitet. Algenteppiche, sonst im süßsalzigen Brackwasser der Flussmündungen zu finden, und das Auftreten des getigerten Flohkrebse, eigentlich ein Salzwassertier, seien da schon als „Fortschritt“ zu werten gewesen. Aber noch immer sei die Wasserqualität kritisch.

Hammann fordert deshalb die hessische Landesregierung auf, eine Genehmigung des Kasseler Regierungspräsidiums zu verhindern, die zu einem neuen Anstieg der Versalzung führen würde. Kali und Salz plant nämlich den Bau einer 63 Kilometer langen Rohrleitung, durch die bei Philippsthal ab 2008 rund 500.000 Kubikmeter Chlorid pro Jahr zusätzlich in den Fluss geleitet werden sollen. Das aus der Halde Neuhof-Ellers, einem von der Autobahn gut sichtbaren weißen Salzberg, vom Regen ausgespülte Abwasser wurde bisher unterirdisch verklappt oder mit einem Grenzwert von 2.500 Milligramm Salzgehalt pro Liter im Fluss entsorgt. Dafür gibt es eine noch bis 2012 gültige Genehmigung, die noch aus dem Jahr 1942 stammt – im Dienste der nationalsozialistischen Kriegsindustrie. Jetzt fordert Kali und Salz eine Erhöhung des Grenzwerts. Begründung: Bei Regen oder Hochwasser werde die erlaubte Konzentration unterschritten und könne deshalb problemlos erhöht werden.

Dagegen protestieren örtliche Initiativen und die Flussanrainerländer von Werra und Weser – in welche die Werra übergeht –, Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Bremen. Hammann forderte die hessische Landesregierung nun auf, sich stattdessen für die Verbesserung der Wasserqualität nach Vorgabe der europäischen Wasserrahmenrichtlinien einzusetzen: „Die Werra muss wieder ein Süßwasserfluss werden.“

Die zusätzliche Versalzung bedrohe nicht nur die wenigen dort überlebenden Tiere und Pflanzen, sondern auch die Trinkwasserversorgung, die Landwirtschaft und den Tourismus in der Region. Hammann betonte, dass auch sie den Arbeitgeber Kali und Salz nicht vertreiben wolle. Aber der Konzern habe „gute Gewinne gemacht“ und stehe nun in der Pflicht, Alternativen zur Verklappung in den Fluss zu entwickeln. So solle die Halde abgedeckt werden. Der Abraum könne in unterirdischen Stollen gelagert oder aber auf der Schiene direkt an die Nordsee transportiert werden, ohne die Flüsse zu schädigen.

In einem Antrag haben die Grünen den Landtag aufgefordert, die Einleitung in dieser Woche abzulehnen. Am 15. März werden sich außerdem Vertreter der betroffenen Bundesländer und Experten zu einer Anhörung treffen. HEIDE PLATEN