Selbst ernannt und gescheitert

Eine ungewöhnliche Karriere in der konservativen Gesellschaft Sloweniens

So ganz glücklich ist in Slowenien niemand über die Ablehnung von Alenka Bratusek als Vizepräsidentin und Energiekommissarin. Da spielt so etwas wie nationale Ehre mit. Die 1970 in der Stadt Celje geborene Alenka Bratusek hat nämlich eine in dieser konservativen Gesellschaft für Frauen ungewöhnliche Karriere hinter sich gebracht.

Während in Kroatien und Bosnien Krieg herrschte, studierte Bratusek Naturwissenschaften und Technologie in Ljubljana. 1995 bekam sie einen Job im Wirtschaftsministerium und erarbeitete sich nach zwölf Jahren im Finanzministerium einen Ruf als Finanzexpertin.

2011 schlug ihre Stunde. Denn Slowenien drohte in den Strudel der südeuropäischen Finanzkrise gerissen zu werden. Die inzwischen zur Generaldirektorin in der Haushaltsabteilung aufgestiegene Bratusek unterstützte den Kurs einer Sanierung der Staatsfinanzen und der Bankenrettung aus eigener Kraft – ohne EU-Rettungsschirm. Sie schloss sich der neu gegründeten Partei „Positives Slowenien“ an, wurde nach deren überraschendem Wahlerfolg Parlamentsabgeordnete und Vorsitzende des Ausschusses für die Kontrolle der öffentlichen Finanzen.

2013 geriet ihr Parteichef, der Bürgermeister von Ljubljana, Zoran Jankovic, unter Korruptionsverdacht, er musste sein Amt ruhen lassen. Bratusek sprang ein. Nachdem auch Ministerpräsident Janez Jansa im Februar 2013 wegen Korruptionsvorwürfen zurücktreten musste, wurde die Oppositionsführerin Bratusek Ministerpräsidentin, die erste Frau in diesem Amt.

Doch dem wollte das alte Establishment nicht lange zusehen. Zoran Jankovic stürzte sie als Vorsitzende der Partei, Bratusek trat aus dieser aus, kurz danach war daher auch die Parlamentsmehrheit vertan. Sie trat als Ministerpräsidentin zurück, gründete ihre eigene Partei, das „Bündnis Alenka Bratusek“, das bei den Wahlen aber nur 4,3 Prozent und 4 Sitze holte. Zu wenig für eine Spitzenposition im Land.

So strebte sie einen Posten in der EU an und schlug sich selbst als Kommissarin vor, was zwar bei EU-Kommissionschef Juncker, aber sonst nirgends gut ankam. Am Mittwoch stellte sie sich den Abgeordneten der EU-Parlamentsausschüsse für Umwelt und Industrie vor. 112 Parlamentarier stimmten dort gegen sie, nur 13 für sie, 2 enthielten sich.

Noch am Donnerstag verzichtete Bratusek auf ihre Kandidatur. ERICH RATHFELDER

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