Der Auflauf der Paradekölner

Im vierten Jahr zeigt sich die c/o pop als Mittelpunkt der rheinischen Musikindustrie und hätschelt den Nachwuchs

Unglücklich schienen sie nicht darüber, dass der Kelch der Loveparade an ihnen vorbeigegangen ist, die Verantwortlichen der c/o pop. Auch in seiner vierten Auflage wird das Kölner Festival nicht als Teil des Massenevents fungieren, sondern darf weiter Eigenständigkeit zeigen.

Vom Programm her gibt man sich daher auch geschichts- und selbstbewusst. Nicht nur die Labels Sonig und Karaoke Kalk feiern ihr 10-jähriges Jubiläum, auch die Kölner Elektronik-Institutionen Jörg Burger und Wolfgang Voigt zeigen sich zum ersten Mal seit einer Dekade gemeinsam auf der Bühne. Mit der Französin Uffie hat man dann auch den obligatorischen Act zum derzeitigen Wirbel um das Pariser Label „Ed Banger“ im Programm, während die Engländerin M.I.A. beweisen muss, ob sie auch nach dem Hype um ihr Debüt-Album bestehen kann. Und auch die Kölner Indierockszene bekommt auf der eher elektronisch orientierten c/o pop eine eigene Spielstätte.

Nur auf die Freiluftveranstaltungen muss man verzichten. Mit dem Weggang der Spex nach Berlin fällt auch das „Monsters of Spex“ im Jugendpark aus dem Programm. Ersatz haben die Organisatoren anderweitig gefunden. Unter dem Titel „Europareise“ wurden 13 Festivals aus ganz Europa eingeladen, sich fünf Tage lang mit einem selbstkuratierten Programm zu präsentieren. Unterstützt wird das Projekt von der Kulturstiftung des Bundes, die sich in der Vergangenheit schon mehrmals popaffin gezeigt hat. Auch die Stadt Köln greift ein bisschen tiefer ins Stadtsäckel und damit der Förderreigen nicht versiegt, haben sich die Macher der c/o pop in einer Interessengemeinschaft „Musikwirtschaft“ organisiert.

Angesichts der Lage der Musikindustrie in Köln scheint dies nicht verkehrt. Die Schwierigkeiten des Branchenriesen EMI nach den gefloppten Alben von Robbie Williams und Norah Jones sind zwar wohlbekannt mangels Kontakten zur Stadt aber wohl nur schwierig zu beziffern. Da passt es nur ins Bild, wenn die Konferenz zum Festival existentielle Fragen für Indielabels thematisiert – mit Panels zum Überleben von Vertriebsinsolvenzen, Abgaben an die Künstlersozialkasse und der Altersvorsorge für Freiberufler.

CHRISTIAN WERTHSCHULTE