Rüttgers boykottiert

Stiller Protest beim Parteitag: Nur 483 von 672 CDU-Delegierten wählen den NRW-Landeschef wieder

SIEGBURG taz ■ NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers ist als CDU-Landeschef wiedergewählt worden. Beim Parteitag am Samstag in Siegburg erhielt der Anführer der Christdemokraten allerdings einen Denkzettel von den 672 Delegierten. Nur 548 CDUler nahmen an der Wahl des Vorsitzenden teil und lediglich 483 Delegierte votierten für Rüttgers. Knapp ein Drittel der CDU-Funktionäre boykottierte also die Wiederwahl des Landesvaters. Rüttgers nannte das Resultat ein „eindrucksvolles Zwischenergebnis für die Arbeit der Landesregierung“.

In seiner rund einstündigen Grundsatzrede hatte der Ministerpräsident zuvor die Arbeit der schwarz-gelben Koalition verteidigt. „Wir stehen für Zukunft, die anderen für Vergangenheit und Kraftmeierei“, griff Rüttgers die SPD-Oppositionsführerin Hannelore Kraft an. Die auch parteiintern umstrittenen Reformen bei der Mitbestimmung in der NRW-Verwaltung und der Gemeindeordnung müssten „bis zum Herbst“ beschlossen werden, sagte er. Die Partei habe nun lang genug darüber diskutiert.

Mit breiter Mehrheit beschloss der Parteitag den Leitantrag zur „Inneren Sicherheit“, wonach „null Toleranz“ gegen Gewalttäter gelten soll. Rüttgers bekam starken Beifall, als er forderte: „Wir müssen wieder härter durchgreifen.“ Größer war der Jubel nur, nachdem Rüttgers den Vorschlag unterstützte, Exkanzler Helmut Kohl mit dem Friedensnobelpreis zu ehren.

Vor der Parteitagshalle demonstrierten rund 500 Gewerkschafter gegen ihre Entmachtung im Landespersonalvertretungsgesetz. SPD-Generalsekretär Mike Groschek wertete den Parteitag als Beleg für die „unsoziale und ungerechte Politik von Rüttgers“. Die „eigenen Leute gehen Rüttgers von der Stange“, so Groschek mit Blick auf das durchwachsene Wahlergebnis.

MARTIN TEIGELER