Gute Arbeit beschäftigt die Minister

Die G-8-Arbeitsminister wollen Beschäftigungspolitik auf die Agenda von Heiligendamm setzen. Dabei geht es auch darum, die Einhaltung von Sozialstandards zu kontrollieren und zu sanktionieren. Ziel muss eine Aufnahme ins WTO-Regelwerk sein

von BEATE WILLMS

Es geht um „gute Arbeit“, wenn sich die Arbeitsminister der G-8-Staaten am Sonntag in Dresden treffen, um den Gipfel in Heiligendamm vorzubereiten. Das hat Bundesarbeitsminister Franz Müntefering (SPD) angekündigt, der als Gastgeber zu der Runde eingeladen hat. „Gute Arbeit“ ist dabei nicht als Selbstlob gemeint, sondern die Übersetzung des englisches Begriffs decent work, der ein zentrales Element bei der sozialen Gestaltung der Globalisierung ist. „Damit wird dieses Thema erstmals in den G-8-Prozess eingeführt“, heißt es im Ministerium. Ziel der Konferenz seien möglichst verbindliche Absprachen zu sozialen und ökologischen Standards.

Das Konzept der „guten Arbeit“ ist seit 1999 Programm der Internationalen Arbeitsagentur (ILO) in Genf, in der Regierungen, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände zusammenarbeiten. Es soll dazu beitragen, Beschäftigungs- und Sozialpolitik stärker in die internationale politische Agenda einzubringen.

Der Zusammenhang ist offensichtlich: Bei der Armutsbekämpfung etwa genügt es nicht, Entwicklungshilfe zu leisten oder abzuwarten, dass sich internationale Unternehmen ansiedeln. Es muss ein Rahmen geschaffen werden, in dem sich eine nachhaltige und lokale Wirtschaft entwickeln kann. Dazu gehört auch, die Arbeitenden zu schützen, indem sie durchsetzbare und zu kontrollierende Rechte bekommen. Als kleinster gemeinsamer Nenner gelten dabei die sogenannten Kernarbeitsnormen der ILO. Darunter fällt das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, das Verbot von Diskriminierung am Arbeitsplatz und das Recht, sich in Gewerkschaften zusammenzuschließen und Betriebsräte zu gründen.

Darüber hinaus geht es bei „guter Arbeit“ aber auch um existenzsichernde Entlohnung und den sozialen Schutz im Arbeitsleben, also die Absicherung gegen Risiken wie Arbeitsunfälle, Krankheit, Invalidität, Arbeitslosigkeit und Alter. Außerdem sollen Unternehmen stärker in die gesellschaftliche Verantwortung genommen werden.

In den globalen und nationalen Strategien für wirtschaftliche Entwicklung und Armutsbekämpfung spielt Beschäftigungspolitik bislang kaum eine Rolle. Eine gute Gelegenheit also für die Bundesregierung, sich im Rahmen ihrer EU-Ratspräsidentschaft und als Gastgeber für den G-8-Gipfel zu profilieren.

Deshalb hat Müntefering die Vorsitzenden der Gewerkschafts- und Industriedachverbände aus den OECD-Ländern nicht nur zu der üblichen informellen Sozialpartner-Konsultation eingeladen, sondern auch zum offiziellen Treffen der Arbeitsminister in Dresden.

Für die Gewerkschaften ist das der entscheidende Lobbytermin zum G-8-Gipfel. Und sie sind gut vorbereitet: Womöglich können sie den Arbeitsministern in punkto Verbindlichkeit der Kernarbeitsnormen sogar schon weiterhelfen. Denn sie treffen sich im Vorfeld nicht nur mit ILO-Chef Somavia, sondern auch mit Pascal Lamy, dem Präsidenten der Welthandelsorganisation (WTO). Es ist das erste Mal, das die beiden in einem so offiziellen Rahmen zu diesem Thema zusammenkommen. „Das ist ein sehr starker, mindestens symbolischer Erfolg“, sagt Jürgen Eckl, der das Referat Internationales beim Deutschen Gewerkschaftsbund leitet. Er sei zuversichtlich, „dass am Ende eine geregeltere Zusammenarbeit steht“. In der WTO werden nicht nur die Weichen für den Welthandel gestellt. Sie ist auch die einzige weltweite Organisation, die über einen effizienten Durchsetzungsmechanismus für ihre Regeln verfügt. Deshalb dringt die ILO schon lange darauf, die Kernarbeitsnormen verbindlich im WTO-Regularium festzuschreiben.