Protest vor der Woche der Entscheidungen

ATOM Massenproteste in 21 Städten an diesem Wochenende. Umweltminister fordern Aus für sieben alte Meiler. FDP will Brennelementesteuer erhalten. Entschädigung für Orte bei Schacht Konrad beschlossen

VON MARTIN KAUL

BERLIN taz | Sieben alte Atomreaktoren sollen nach dem Willen der Umweltminister von Bund und Ländern nicht mehr ans Netz gehen. Darauf hat sich die Umweltministerkonferenz gestern bei ihrer Tagung in Wernigerode im Harz geeinigt. Der Beschluss kam damit rechtzeitig zur entscheidenden Woche zum Thema Atomausstieg: Am Wochenende berät die schwarz-gelbe Koalition, Montag soll die Ethikkommission Bericht erstatten, in der Woche werden sich dann die Bundestagsfraktionen mit dem Thema befassen. Die CSU hatte bereits angekündigt, einen Ausstieg aus der Atomkraft bis zum Jahr 2022 mitzutragen. Die Oppositionsparteien und Atomgegner fordern dagegen einen wesentlich schnelleren Ausstieg.

Deshalb sind am heutigen Samstag große Demonstrationen in 21 deutschen Städten angekündigt. „Was die Koalition bisher plant, ist kein konsequenter Atomausstieg, sondern der Weiterbetrieb gefährlicher Reaktoren für mehr als ein Jahrzehnt“, sagte der Sprecher der atomkritischen Initiative „.ausgestrahlt“, Jochen Stay. Demonstriert wird in Dresden, Erfurt, Magdeburg und Berlin, in Güstrow, Kiel, in Hamburg, Bremen und Hannover, in Göttingen und Münster, in Essen, Bonn, Mainz und Frankfurt, in Mannheim, Freiburg, Ulm und München, in Landshut und Fürth.

Unterdessen geht in der Regierungskoalition der Streit über die Details des Ausstiegs weiter. Gestern wandte sich Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gegen Pläne, die Steuer auf atomare Brennelemente zu beenden. Die Union müsse sagen, wie der Ausfall der Einnahmen gegenfinanziert werden solle. „Die FDP ist jedenfalls dagegen, die Steuer abzuschaffen.“

Einen Teil der Spätfolgen der Atomkraft sollen in Zukunft Bund und Atomwirtschaft tragen. Gestern unterzeichneten Bundesumweltminister Norbert Röttgen und Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (beide CDU) einen Gesellschaftsvertrag für eine „Endlager-Konrad-Stiftung“. Bis 2043 sollen dort 100 Millionen Euro in einen Ausgleichsfonds fließen. Mit dem Geld sollen die Kommunen rund um das geplante Atommüllendlager entschädigt werden. Drei Viertel der Stiftungsgelder sollen von der Atomwirtschaft kommen, den Rest übernimmt der Bund. Die Endlager-Gegner von der AG Schacht Konrad kritisierten, die Einlagerung von Atommüll müsse nicht entschädigt, sondern verhindert werden.