Deutsche Parteien und die Wahl in Frankreich

Noch ist nicht entschieden, wer künftig Frankreich regiert. Deutsche Politiker loten schon mal mögliche Bündnisse aus

BERLIN taz ■ Am Sonntag können die Franzosen entscheiden, wer künftig ihr Land führen soll: Ségolène Royal, die Kandidatin der Linken, oder der Konservative Nikolas Sarkozy. Kurz vor der Wahl bringt sich auch die deutsche Politik in Stellung. Gestern veröffentlichte die SPD gemeinsam mit der französischen Partie Socialiste, deren Kandidatin Royal ist, eine Erklärung zur Zukunft der Europäischen Union.

Sarkozy hingegen kann wahrscheinlich auf Unterstützung von Bundeskanzlerin Angela Merkel hoffen. Zudem kann er wohl auf Kommissionspräsident Manuel Barroso und den britischen Premierminister Tony Blair zählen. Laut Financial Times gibt es Absprachen der drei, eine „strategische Partnerschaft“ mit Sarkozy anzustreben.

Vor allem für Deutschland ist es wichtig, wer in Frankreich die Wahl gewinnt. Nicht umsonst ist in der Europäischen Union immer wieder vom „deutsch-französischen Motor“ die Rede. Zudem ist Frankreich traditionell der wichtigste Absatzmarkt für den Exportweltmeister Deutschland.

Frankreichs Wirtschaft allerdings lahmt. Das Wirtschaftswachstum ist 2006 mit 2,1 Prozent ans untere Ende der EU-Skala abgerutscht. Auch die Arbeitslosenquote von 8,7 Prozent im März wird europaweit nur von Polen und der Slowakei übertroffen. Sarkozy hat ein Programm vorgelegt, das massive Änderungen des bisherigen Kurses umfasst: Steuern und Abgaben sollen gesenkt, Überstunden steuerlich begünstigt und die starre 35-Stunden-Woche aufgebrochen werden.

Royal hingegen setzt auf die soziale Dimension der Wirtschaftspolitik. So soll der Mindestlohn von derzeit rund 1.250 Euro bis 2012 auf 1.500 Euro angehoben werden. Zudem macht sie sich für eine Sozialcharta stark, die der Europäischen Verfassung angefügt werden soll. Im gemeinsamen Papier von SPD und PS ist nicht explizit von einer Sozialcharta die Rede. Es enthält aber ein klares Bekenntnis zu europäischer Sozialpolitik: „Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Solidarität ergänzen einander.“ Umso dringlicher stelle sich nun die Aufgabe, „die bereits bestehenden sozialpolitischen Ansätze auf europäischer Ebene so zu ergänzen, dass sie die Kontur einer echten europäischen Sozialunion annehmen“. In Deutschland dementierten Partei- und Regierungskreise gestern, dass es die Absprache zu Gunsten von Sarkozy geben habe. Zwar ließ Merkel im Januar in der französischen Zeitung Le Monde ihre Präferenz für Sarkozy durchblicken. Heute aber klingt das vorsichtiger: Ségolène Royal habe ihr Parteiprogramm genauso wie Sarkozy in Berlin vorgestellt. Ségolène Royal warb indes mit dem Verweis auf Merkel im TV-Duell am Mittwochabend um das Vertrauen der französischen Wähler: Frauen könnten durchaus höchste Verantwortung übernehmen, erklärte sie und verwies auf Merkel: „Man sieht, wie effizient, wie konkret, wie einsatzfähig diese Frau ist.“ NICOLE MESSMER