„Überraschend viele Unterschiede“

Über 19.000 BremerInnen suchten schon Rat beim Wahl-O-Mat. Hilft der wirklich beim Wählen?

JUDITH MEMERING, 19, hat mit elf weiteren Jugendlichen den Bremer Wahl-O-Mat mit Thesen und Parteiantworten gefüttert

taz: Frau Memering, um den Wahl-O-Mat mit Daten zu füttern, haben Sie wochenlang Wahlprogramme analysiert. Sind Sie eine Wahlexpertin?

Judith Memering: Ich kenne jedenfalls mehr Differenzen der Bremer Parteien als zuvor.

Differenzen?

Ja doch. Viele denken ja, dass alle Parteien ähnlich oder gleich sind. Uns sind aber schon in vielen Bereichen Unterschiede aufgefallen, vor allem – vielleicht überraschend – auch zwischen SPD und CDU. Obwohl die hier seit zwölf Jahren koalieren.

War es schwierig, die Differenzen herauszuarbeiten?

Nö. Wir haben nur verschiedene Thesen aus den Wahlprogrammen gebildet, die Antworten dazu haben dann die Parteien gegeben, und dann haben das die Statistiker bekommen. So sind die Positionen entstanden, nach denen der Bremer Wahl-O-Mat fragt. Es gab aber Thesen, bei denen wir dachten, dass sich die Antworten der Parteien unterscheiden würden, was dann aber nicht der Fall war. Die sind dann rausgefallen.

Zum Beispiel?

Polizeipräsenz auf der Diskomeile. Da dachten wir, das sei ein Wahlkampfthema – aber da liegen alle Parteien auf einer Linie: Niemand ist dagegen.

Sie haben zunächst Parteiprogramme gelesen. Ist das eine spannende Lektüre?

Es geht. Manche Abschnitte sind spannend, andere lang und langweilig.

Gibt es da schon Unterschiede zwischen den Parteien?

In der Gliederung. Ob die leicht ist, oder ob man ewig suchen muss. Sehr schön gegliedert waren die von CDU und FDP.

Die Programme skizzieren oft ein „So könnte Bremen sein“. Reißt einen das mit?

Wirklich euphorisch wurde ich nicht.

Bestimmte Themen kommen im Bremer Wahl-O-Mat gar nicht vor: Fragen zur Finanzlage Bremens, zur Zukunft der Krankenhäuser, zur Arbeitsmarktpolitik. Warum?

Das hängt vor allem damit zusammen, dass der Wahl-O-Mat junge Wähler ansprechen soll. Und die beschäftigen sich nicht unbedingt mit Finanzpolitik. Das heißt aber nicht, dass es da keine Differenzen zwischen den Parteien gibt. Wir haben uns damit nur nicht so sehr beschäftigt.

Dann gibt der Wahl-O-Mat aber doch verfälschte Wahlempfehlungen?

Er gibt gar keine. Das geht mit der Abfrage von 30 Thesen gar nicht. Man muss in jedem Fall nochmal kucken, ob man tatsächlich hinter der Partei steht, die einem der Wahl-O-Mat zuweist.

Bisher haben über 19.000 Neugierige den Bremer Wahl-O-Mat durchgespielt – mehr als bei Wahlen in anderen Bundesländern. Ein Erfolg?

Klar. Das zeigt, dass es durchaus ein Interesse an Politik gibt – zumindest auf Wahl-O-Mat-Niveau.

INTERVIEW: SIM

www.wahl-o-mat.de