Einsamer Wolf bleibt auf Online-Jagd

Trotz Kritik und FDP-Parteitagsbeschluss will NRW-Innenminister Ingo Wolf den Verfassungsschutz weiter Festplatten durchsuchen lassen. Dabei wartet selbst sein Bundeskollege Wolfgang Schäuble lieber erst nötige Gerichtsurteile ab

DÜSSELDORF taz ■ Innenminister Ingo Wolf (FDP) will den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz zur Not allein auf Online-Fahndung schicken. Der Beschluss von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU), die Durchsuchung von Festplatten und E-Mails auf Bundesebene bis zur Klärung der Rechtslage zu stoppen, habe für NRW „keine Auswirkungen“, erklärte eine Ministeriumssprecherin.

Während Schäuble dem Verfassungsschutz ohne gültige Rechtsgrundlage die Befugnis zur Online-Fahndung erteilt hatte, beruft sich Wolf auf das im Dezember 2006 geänderte NRW-Verfassungsschutzgesetz. Kritiker des Entwurfs nehmen das von Schäuble für den Bund angekündigte „Moratorium“ nun zum Anlass, Wolf zur Rücknahme des umstrittenen Landesgesetzes aufzufordern. „Dies ist der richtige Anlass, um umzudenken“, sagte der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum der taz. Der Liberale hat vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine Beschwerde gegen die Regelungen seines Parteifreunds vorgebracht. „Wolfs Gesetz ist verfassungswidrig“, sagte er. Ähnlich äußerte sich der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz. Bis zum 15. Mai haben die Karlsruher Richter den NRW-Landesbehörden Zeit gegeben, zu Baums Beschwerde Stellung zu nehmen.

Auch die Grünen im Landtag fordern Wolf zur sofortigen Zurücknahme seines Gesetzes auf. „Was in Berlin falsch ist, kann in Nordrhein-Westfalen nicht richtig sein“, sagte die Innenpolitikerin Monika Düker. In der Plenarsitzung am kommenden Donnerstag will die Partei einen entsprechenden Antrag einbringen, der passagenweise im Wortlaut mit dem am vergangenen Wochenende in Hamm getroffenen Beschluss des FDP-Landesparteitags übereinstimmen wird. Die Liberalen hatten sich dort mehrheitlich gegen die Online-Durchsuchungen ausgesprochen.

Besonders gebunden fühlt sich die FDP an das Votum ihrer Basis allerdings nicht. „Mit dem Parteitagsbeschluss war keine akute Handlungsanweisung für die Landtagsfraktion verbunden“, sagte Generalsekretär Christian Lindner der taz. Anders als Schäubles „skandalöse Pläne“ sei das Vorgehen von Wolf mit dem im Grundgesetz garantierten Schutz der Persönlichkeitsrechte vereinbar. Dementsprechend sei auch ein Moratorium unnötig. Lindner wahrt damit den Frieden in der schwarz-gelben Regierungskoaltion in Düsseldorf: Der Seniorpartner CDU hatte bereits zu Wochenbeginn in Person von Fraktionsgeschäftsführer Peter Biesenbach verärgert auf die Kehrtwende der FDP-Basis reagiert und angeboten, den Innenminister im Notfall „vor seiner eigenen Partei zu schützen“.

Im Hause Wolf hofft man nun offenbar, dass die Zeit den Streit entschärfen könnte. Eine Sprecherin verwies darauf, dass der NRW-Verfassungsschutz von seinen neuen Befugnissen noch nicht habe Gebrauch machen müssen. Dem Innenminister dürfte es lieb sein, wenn dies bis zu einem Urteil in Karlsruhe so bliebe. Bis dahin werde „im Einzelfall entschieden“, heißt es.

KLAUS JANSEN