Früherer IWF-Chef Strauss-Kahn kommt frei

STRAFVERFAHREN US-Richter verhängt hohe Kaution und strenge Auflagen gegen zurückgetretenen IWF-Chef. Frankreichs Finanzministerin Legarde als Nachfolgekandidatin der EU-Staaten favorisiert

WASHINGTON afp | Knapp eine Woche nach seiner Festnahme wegen versuchter Vergewaltigung sollte der zurückgetretene IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn noch am Freitag aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Ein New Yorker Richter entschied am Donnerstag, den 62-Jährigen gegen Zahlung einer Kaution auf freien Fuß zu lassen. Richter Michael Obus verhängte eine Kaution in Höhe von einer Million Dollar. Weitere fünf Millionen muss Strauss-Kahn als Bürgschaften hinterlegen. Nach seiner Freilassung muss er sich in einer bewachten Wohnung in Manhattan aufhalten, eine elektronische Fußfessel tragen und seinen Reisepass abgeben. Für die Kosten der monatlich mehr als 200.000 Dollar teuren Sicherheitsvorkehrungen muss er selbst aufkommen.

Sein Anwalt sagte, Strauss-Kahns Ehefrau, die TV-Journalistin Anne Sinclair, habe schon eine Wohnung gemietet. Die Auflagen kritisierte er als überflüssig: Strauss-Kahn sei ein „ehrenhafter Mann“. Der Staatsanwalt sagte dagegen, Strauss-Kahn habe „Status und Mittel“, bei einer Flucht ein „gemütliches und komfortables Leben“ jenseits des Zugriffs der US-Behörden zu führen. Vor dem Beschluss zur Haftentlassung hatte die Grand Jury Strauss-Kahn formell angeklagt. Demnach wird ihm vorgeworfen, am Samstag in New York eine Hotelangestellte aus dem westafrikanischen Guinea sexuell bedrängt und zum Oralsex gezwungen zu haben. Die Ermittler werfen ihm versuchte Vergewaltigung, Freiheitsberaubung sowie einen „kriminellen sexuellen Akt“ vor. Bei einer Verurteilung drohen Strauss-Kahn, der als aussichtsreicher Bewerber für die französische Präsidentschaft galt, bis zu 74 Jahre Haft. Es wird erwartet, dass er beim nächsten Anhörungstermin am 6. Juni auf „nicht schuldig“ plädiert. Wegen der Vorwürfe war er am Donnerstag als IWF-Chef zurückgetreten.

Nach Angaben aus EU-Kreisen wird es nächste Woche beim G-8-Gipfel im französischen Deauville ein „Signal“ zur Frage einer gemeinsamen EU-Kandidatur für die IWF-Spitze geben. „Europa ist in der Pflicht, schnell zu handeln“, hieß es. Demnach dürfte die Wahl auf Frankreichs Finanzministerin Lagarde fallen. Sie sei als EU-Kandidatin „so gut wie benannt“. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte, sie wolle sich zwar nicht zu Kandidaten äußern, aber es sei klar, „dass unter den genannten Namen, die alle eine hohe Reputation haben, ich auch die französische Finanzministerin ausgesprochen schätze“.

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