Irische Schlachtabfälle? Kein Bedarf!

Weil die Müllverbrennungsanlagen in NRW genug mit heimischen Abfall zu tun haben, gehen die Importe zurück

Küchenabfälle aus Italien, Schlachtreste aus Irland und Kupfer aus der Ukraine sind derzeit out in Nordrhein-Westfalens Müllverbrennungsanlagen. Über Jahre hinweg war das Bundesland Spitzenreiter in der Entsorgung von ausländischem Müll, doch nun steht eine Trendwende bevor: Nachdem allein zwischen 1999 und 2005 rund 16,5 Millionen Tonnen Abfall importiert worden, stellen Experten für das vergangene und das laufende Jahr einen deutlichen Rückgang fest.

„Mir fällt derzeit kein Unternehmen im Land ein, das Hausmüll importiert“, sagt Wilfried Rogall von der Abfallentsorgungs- und Verwertungsgemeinschaft (AVG) Köln. Das nordrhein-westfälische Umweltministerium wird in den kommenden Wochen die Abfallbilanz für das Jahr 2006 vorlegen. Sprecherin Sabine Raddatz sagt allerdings schon jetzt, dass das Land deutlich geringere Importmengen erwartet.

Grund dafür, dass weniger Mülltransporte an Rhein und Ruhr ankommen, ist ein Wortungetüm namens Technische Anleitung Siedlungsabfall, kurz TASi. Seit Juni 2005 verbietet diese Richtlinie, unbehandelte Abfälle auf Deponien zu lagern. Die Aufträge zur Aufbereitung und Verbrennung bescheren den zuvor chronisch unterbeschäftigten MVAs im Land eine deutlich größere Auslastung. „Es gibt mittlerweile sogar häufig Kapazitätsengpässe“, sagt der Dresdener Abfallexperte Jörg Wagner. Müll aus Baden-Württemberg werde so bereits teilweise in der Schweiz entsorgt.

Die Müllverbrenner in Nordrhein-Westfalen machen jedoch auch die hohen Kosten für den Rückgang der Importe verantwortlich. Die Anlagen an Rhein und Ruhr gelten zwar als qualitativ hochwertig und verhältnismäßig umweltschonend, sind aber dementsprechend teuer. Immer häufiger würden deshalb „Billige-Jakob-Lösungen“ gesucht, sagt der Kölner Wilfried Rogall. Unternehmen wie sein Arbeitgeber AVG seien deshalb auf „Lieferantentreue“ angewiesen. Zudem werde die Importstatistik dadurch gedrückt, dass die benachbarten Niederlande – bislang der wichtigste Müllexporteur nach Nordrhein-Westfalen – derzeit ihre eigenen Deponien auffüllen, statt auf Verbrennung zu setzen.

Trotz der Trendwende auf dem Markt für Hausmüll werden die Mülltransporte nach Nordrhein-Westfalen nicht völlig aufhören. Statt auf Masse setzen die MVA-Betreiber im Land auf komplizierte Spezialaufträge wie die Entsorgung des australischen Orica-Mülls. Allerdings gibt es auch Stoffe, die den umgekehrten Weg machen: Nach Angaben des Umweltministeriums wird etwa nordrhein-westfälisches Blei zur Aufbereitung in die Niederlande gebracht – und zur endgültigen Entsorgung wieder zurückgeholt. KLAUS JANSEN