Der Hochkonzentrierte

Fröhlicher Abstiegskampf: Bielefelds Trainer Ernst Middendorp trinkt, schläft – und bietet seinen Rücktritt an

Drei, vielleicht viermal habe man gegen die Scheibe klopfen müssen, sagen sie bei der Polizei im Kreis Gütersloh. Doch der Mann, der sein Mercedes Coupé verkehrsbehindernd auf der Bundesstraße 68 abgestellt hatte, hörte nichts. Er saß im Wagen – und schlief. „Deutlich fahruntüchtig“ sei Ernst Middendorp gewesen, heißt es. Dafür habe er sich später auf der Wache „absolut friedlich“ verhalten. Middendorp selbst sagt, er könne sich an nichts mehr erinnern.

Ernst Middendorp, Trainer des abstiegsbedrohten Bundesligisten Arminia Bielefeld, ist seinen Führerschein los. Fast wäre der in Ostwestfalen zum „Trainer des Jahrhunderts“ gewählte Fußballlehrer auch seinen Job losgeworden, weil er den 3:2-Auswärtssieg beim VfL Wolfsburg noch unbedingt in seinem griechischen Stammlokal in Bielefeld feiern und dann mit dem Auto ins Hotel nach Halle fahren wollte, in dem er seit seiner Verpflichtung als Messias logiert. Bereits am Sonntag soll der wieder nüchterne Middendorp Bielefelds Präsidenten Hans-Hermann Schwick seinen Rücktritt angeboten haben. Gestern lehnte Schwick ab: „Er bleibt Trainer. Das ist eindeutig, und es wird kein Weg daran vorbei führen“, sagte er. Die Konzentration habe nun dem Kampf um den Klassenerhalt zu gelten.

Angesichts von bereits zwei verschlissenen Trainern in dieser Saison, null Punkten Vorsprung auf die Abstiegszone und einem Restprogramm mit Spielen gegen Bremen, Leverkusen und Schalke bleibt den Arminen auch nichts anderes übrig, als Middendorp zu halten. Zumal die Vereinsbosse auch vor der Spritfahrt gewusst haben müssen, welch ein testosteronstrotzendes Prachtexemplar sie sich mit dem 48-Jährigen angestellt haben. Middendorps rhetorische Ausfälle gegenüber Journalisten („Knien Sie nieder, Sie Bratwurst!“) sind ebenso berühmt wie seine eher rustikalen Ansprachen an die Mannschaft. Auch als glückloser Autofahrer ist Middendorp einschlägig aufgefallen: Laut Westfalenblatt war er bereits während seiner ersten Amtszeit in Bielefeld in den 90er Jahren betrunken auf den Straßenbahnschienen in der Innenstadt stecken geblieben.

In einer vom Verein verbreiteten Erklärung bedauert Middendorp, seine Vorbildfunktion nicht erfüllt zu haben. Eine Mehrheit der Arminia-Fans hat ihm bereits verziehen. „Der Typ is irre. Aber wohl unsere einzige Chance“, heißt es dort. Und so lange er nicht seinen Trainerschein abgeben müsse, sei alles in Ordnung. KLAUS JANSEN