Jamaika-Koalition in Finnland gebildet

Grüne koalieren erstmals mit den Konservativen. Frage eines AKW-Neubaus aus dem Programm ausgeklammert

STOCKHOLM taz ■ Finnland hat eine neue Regierung. Einen Monat nach den Parlamentswahlen einigte sich am Sonntagabend die liberale Zentrumspartei mit ihren neuen Koalitionspartnern: der konservativen Sammlungspartei, den Grünen und der liberalen Schwedischen Volkspartei. Eine politische Konstellation, die auch in Finnland, wo breite Koalitionsbündnisse nicht unüblich sind, nun erstmals getestet wird: Bisher waren die Grünen nur an Regierungen mit linken Koalitionspartnern beteiligt.

Als wichtigstes Ziel seiner Regierung bezeichnete der alt-neue Ministerpräsident Matti Vanhanen die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Finnland hat mit knapp acht Prozent die höchste Arbeitslosenrate aller skandinavischen Staaten. Nun sollen Steuersenkungen für Unternehmen gleichzeitig mit einer Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel von 17 auf 12 Prozent Investitions- und Konsumbereitschaft stärken und dank dieser Anreize in den kommenden vier Jahren 100.000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Das Loch in der Staatskasse soll mit steigenden Alkohol- und Tabaksteuern gestopft werden, und die Sozialausgaben sollen deutlich weniger wachsen als bisher.

Während sich die Unternehmerverbände zufrieden zeigten, beklagten die Gewerkschaften zu halbherzige Bemühungen bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze. Die jetzt oppositionellen Sozialdemokraten warfen der Zentrumspartei und den Grünen vor, ihre Wahlkampfversprechen eines Ausbaus des Sozialstaats bereits jetzt gebrochen zu haben. Bei den Grünen gibt es interne Kritik, weil man sich bei der Frage einer Erhöhung der Entwicklungshilfeleistungen nur teilweise durchsetzen konnte und statt des Umweltressorts die Verantwortung für das Arbeits- und Justizministerium erhält. Erstmals erhält das Regierungsprogramm einer finnischen Regierung eine Option für eine mögliche Nato-Mitgliedschaft. Andere kontroverse Fragen wurden erst einmal ausgeklammert, so vor allem die Entscheidung über einem weiteren Ausbau der Wasserkraft und den Bau eines sechsten Atomreaktors. REINHARD WOLFF