Nötigung, Bedrohung, Verweigerung

OBERPIRAT TRITT ZURÜCK

Lauer hatte die Piraten-Basis als „hohlbratzige Protestwähler- klientel“ beschimpft

Massive Anschuldigungen erhebt der Bundesvorstand der Piraten gegen den Berliner Landesvorsitzenden Christopher Lauer: Es geht um Amtsanmaßung, Arbeitsverweigerung, versuchte Wahlfälschung, Nötigung und Bedrohung. Der Bundesvorstand wollte Lauer daher des Amtes entheben. Der war schneller: Er trat am Donnerstag als Landesvorsitzender zurück und aus der Partei aus. Abgeordneter will er allerdings bleiben.

Auf dem Parteitag im Juni wollte Lauer für den Bundesvorstand kandidieren, wofür er Unterstützungsunterschriften benötigte. Lauer hatte auf dem dafür zu verwendenden Formular angegeben, er wolle als stellvertretender Vorsitzender kandidieren. Nachdem er die Unterschriften bekommen hatte, änderte er das Formular und gab an, er wolle als politischer Geschäftsführer kandidieren. Daraufhin durfte er nicht zur Wahl antreten.

Der Bundesvorstand wirft ihm auch vor, er habe eine Parteitagsrede „für eine Reihe verbaler Degradierungen der Piratenpartei genutzt, etwa durch Vergleiche mit der AfD und durch den unbegründeten Vorwurf der Zensur“. Als der Versammlungsleiter Lauers Rede unterbrechen wollte, kam es zu einer heftigen Auseinandersetzung. Der Bundesvorstand wirft Lauer vor, er habe sich dem Versammlungsleiter „in offensiver Körperhaltung stetig genähert und ihn dadurch gezwungen, sich Richtung Bühnenrand zurückzuziehen, sodass er um seine Sicherheit und die seines Babys fürchten musste, das er in einem Tragetuch am Bauch trug.“

Als besonders parteischädigendes Verhalten wertete der Bundesvorstand auch, dass Lauer die Basis als „hohlbratzige Protestwählerklientel“ und den Vorstand als „politische Vollhonks“ bezeichnet hatte.

Vielleicht findet Lauer schnell eine neue politische Heimat: Die Grünen forderten ihn zum Beitritt auf – allerdings bevor die ganzen Vorwürfe im Detail bekannt wurden. SEBASTIAN HEISER