Liberias Anti-Ebola-Lady

Ellen Johnson-Sirleaf ist keine Frau, die sich leicht übergehen lässt. Kleiner und leiser, als sie auf Bildern erscheint, ist die Präsidentin von Liberia im öffentlichen Auftreten klar und resolut. Seit ihr bitterarmes Heimatland in einer der unwirtlichsten Ecken Afrikas zum Epizentrum der verheerendsten Ebola-Epidemie der Welt geworden ist, scheut sie keine Mühe. Ihr Brief an Angela Merkel, in dem sie um deutsche Hilfe bat, mag angesichts der begleitenden Öffentlichkeitsarbeit irritiert haben – ebenso der Umstand, dass sie an Barack Obama genau die gleichen Forderungen richtete. Aber sie lenkt die Aufmerksamkeit der Welt auf das Drama in Liberia in einer Weise, wie es ihren Amtskollegen in Sierra Leone und Guinea nicht gelingt.

Präsidentin von Liberia ist die 75-Jährige seit 2006, und unter ihrer Führung hat das Land das Erbe des blutigen Bürgerkrieges zwischen 1989 und 2003 bewältigt. Der forderte an die 200.000 Menschenleben, hundertmal mehr als die aktuelle Ebola-Epidemie. „Der Krieg hat uns nicht besiegt, und das Virus wird uns nicht besiegen“, rief Johnson-Sirleaf in einer Radioansprache am Mittwochabend.

Die ersten Ebola-Fälle in Liberia wurden vor einem halben Jahr bestätigt. Kritiker warfen der Präsidentin vor, danach zu lange zu wenig getan zu haben. Spätestens seit dem Unabhängigkeitstag am 26. Juli, als sie das Land mit Ebola-Warnplakaten zupflastern ließ und eine National Ebola Task Force mit sich selbst an der Spitze gründete, gilt das nicht mehr. Inzwischen feuert sie sogar Vizeminister, die ihrer Meinung nach zu wenig gegen Ebola tun.

All dies hat Johnson-Sirleaf zuletzt den Vorwurf des Autoritarismus eingebracht. Damit kann sie leben. Je mehr Hilfe aber dank ihrer Bemühungen nach Liberia kommt, desto stärker wird ihre Politik auch begutachtet. Die Stunde der Wahrheit für Ellen Johnson-Sirleaf kommt erst noch. DOMINIC JOHNSON