„Sicherheit für den Ausstieg aus Stuttgart 21 gab es nie“

GRÜNE Aber die Kostengrenze und ein grüner Verkehrsminister helfen, sagt Landeschefin Krebs

■ Krebs, 45 Jahre alt, ist seit November 2009 Landesvorsitzende der Grünen in Baden-Württemberg. Im grün-roten Kabinett soll sie das Staatsministerium leiten.

INTERVIEW NADINE MICHEL

taz: Frau Krebs, auf dem Parteitag wird das strittigste Thema Stuttgart 21 sein. Wie wollen Sie der Basis den Kompromiss verkaufen, bei dem sich die SPD durchgesetzt hat?

Silke Krebs: Die Bewertung teile ich überhaupt nicht. Natürlich gibt es an der Basis gründliche Nachfragen zu dem Thema, das ist auch gut so. Bei unseren Leuten wird aber sehr wohl die große Bedeutung des transparenten Stresstests und des Kostendeckels von 4,5 Milliarden Euro gesehen, der im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist.

Sie machen der Basis also Hoffnungen, dass das Projekt durch den Stresstest stirbt?

Wir machen keine Hoffnungen, sondern ehrliche Ansagen. Eine Sicherheit für den Ausstieg gab es nie. Aber die Chancen sind gestiegen. Wir haben jetzt eine klare Kostengrenze, und wir stellen den Verkehrsminister.

Wenn es dennoch zur Volksabstimmung kommen sollte, geht der Wahlkampf von vorne los – innerhalb der Koalition. Wie vermeiden Sie, dass der S-21-Streit das Regieren bis zum Herbst überschattet?

Es war in den Verhandlungen beides zu spüren: wie sehr die Regierung an dem Thema zu knabbern hat, aber auch, dass niemand willens ist, die Koalition daran scheitern zu lassen. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem wir uns erst noch zusammenraufen mussten. Im Übrigen haben wir eine thematisch breite Vereinbarung. Es geht um viel mehr als um Stuttgart 21 – etwa um eine echte Energiewende, eine bessere Bildungspolitik oder eine ökologische Modernisierung der Wirtschaft.

Dennoch wird der Bahnhof ein dominierendes Thema sein, zumal das Ergebnis des Stresstests in das Sommerloch fällt.

Selbstverständlich. Wenn es aber gut läuft, wird es ein Zeichen für unseren neuen Regierungsstil sein: dass wir unterschiedlicher Meinung sind und trotzdem fair miteinander umgehen.

Bei der Diskussion um das Quorum für eine Volksabstimmung hoffen Sie, dass die CDU einer Absenkung zustimmt. Schieben Sie nicht die Verantwortung der Union zu für einen Fehler, der Ihnen im Wahlkampf unterlaufen ist?

Es geht uns nicht darum, die CDU in die Verantwortung zu nehmen. Aber ich glaube, die CDU ist gut beraten, mal genau zu analysieren, woran die Wahl gescheitert ist. Und unabhängig davon, was uns nützt, glaube ich, nützt es auch ihr, ein vernünftiges Verhältnis zur Bevölkerung herzustellen.

Wie sieht es mit der Verteilung der Ministerien aus? In den Medien war der Grundton, die Grünen hätten sich über den Tisch ziehen lassen.

Wenn man mit bloßer Zahlenlogik auf das Ergebnis guckt, mag das der Eindruck sein. Aber von der inhaltlichen Logik her – also welche Gestaltungsmöglichkeiten wir haben – sieht es für uns richtig gut aus.

Wie soll künftig die Politikvermittlung ins Volk funktionieren? Schließlich haben Sie Partizipation zu Ihrem Markenzeichen erklärt.

Wir überlegen schon, wie wir die Politik des Gehörtwerdens greifbar machen können. Im Wahlkampf hatten wir bereits einen hohen Qualitätsstandard bei interaktiven Angeboten im Internet.