„Das Ruhrgebiet soll geduldig sein“

Für ein gutes Programm bedarf es viel Zeit, sagt der Organisator der Linzer Kulturhauptstadt 2009

ULRICH FUCHS, 56, ist stellv. Intendant der Kulturhauptstadt 2009 in Linz. Zuvor kämpfte er für Bremen, verlor gegen das Revier.

taz: Herr Fuchs, 2009 ist Linz Kulturhauptstadt – Sie sind dem Ruhrgebiet ein Jahr voraus. Was raten Sie den KollegInnen?

Ulrich Fuchs: Sie sollen Geduld haben – für sich und die vielen AntragstellerInnen. Wir haben im ersten Jahr alle erst einmal vor sich hin werkeln lassen, wir haben wenig veröffentlicht und erklärt. Wir brauchen alle eine gewisse intellektuelle Bildungsarbeit, so ein großes Ereignis kann nicht aus dem Boden gestampft werden. Das muss auch die Öffentlichkeit verstehen.

Der Druck wird aber von allen aufgebaut: Die Städte erwarten Gewinne, die Kunstschaffenden neue Möglichkeiten...

Sicher, die Kulturhauptstadt weckt alle möglichen Erwartungen. Aber viele müssen auch enttäuscht werden: Die Anträge reichten vom genialer Idee bis zum größten Schwachsinn. Wenn einer die sechste Donaubrücke bauen will, können wir nur Nein sagen. Damit müssen alle leben.

Sie arbeiten in einer Stadt mit 200.000 EinwohnerInnen, Ruhr2010 vertritt 53 Städte. Ist das zu vergleichen?

Das Procedere ist dasselbe. Aber Essen musste sich in Deutschland von Anfang an der Konkurrenz stellen, deswegen wurden hier die Projekte schon viel früher weiter gedacht. Es gab schon bei der Bewerbung konkrete Visionen. Linz hatte in Österreich kaum Konkurrenz: Graz war es schon, Salzburg kämpft schon für Olympia 2014, Wien ist zu groß und Innsbruck hat geschlafen. Wir haben aber nur ein Stipendium bekommen, die Arbeit kam erst dann. Unser Programm wird in diesem Herbst stehen – das ist aber absolut früh genug.

In der Essener Zentrale sind die Entscheider und auch die Antragsteller vor allem männlich. Wie ist das in Linz?

Leider auch so. Ich bin nun einmal ein Mann, unser Intendant Martin Heller ebenso. Auch wenn alle mit dem großen taz-I sprechen: Da sind weder das Ruhrgebiet noch wir auf der Höhe der Zeit. Schade.

Sie haben das Ruhrgebiet mehrfach bereist. Was erwarten Sie sich von der Kulturhauptstadt 2010?

Ich hoffe, dass das Ruhrgebiet nicht nur ein Kulturfest veranstaltet, sondern auch die Städte weiter entwickelt. Das ist ja auch das erklärte Ziel. 2010 ist nur eine Zwischenetappe, ein Programm aufzustellen ist relativ simpel. Die größte Herausforderung ist es, die Stimmung in den Alltag zu retten. Es darf keinen Absturz nach dem Fest geben, das Schwungrad muss weiter gedreht werden.

INTERVIEW: ANNIKA JOERES