Zu effizient geplant

STADTENTWICKLUNG Ein geplantes Passivhaus stößt in der Baubehörde und im Beirat Horn auf Widerstand, weil das Flachdach nicht der tradierten Bauweise entspricht

„Könnten Sie nicht etwas weniger effizient bauen?“, regt die Behörde an

VON JAN ZIER

Am Ende zählt vor allem, was oben drauf kommt. Also: Das Flachdach eines zeitgemäßen, energetisch effizienten Hauses. Oder ein Satteldach, wie es hier, in dieser Sackgasse im gut bürgerlichen Horn-Lehe, alle haben. Schon immer. Die Behörde des grünen Bausenators Reinhard Loske tut sich bislang schwer mit dieser Entscheidung.

Markus und Angela Henschel wollen dieses Passivhaus im Bauhaus-Stil bauen, anstelle eines alten Einfamilienhauses von 1935. Besser noch soll es ein Plus-Energie-Haus sein, das kein Kohlendioxid emittiert, dazu mehr erneuerbare Energie produziert, als seine BewohnerInnen verbrauchen. Doch in der Elsa-Brandström-Straße stehen sonst schlichte Einfamilienhäuser, die zumeist aus den Dreißiger und Vierziger Jahren stammen, über die Jahrzehnte aber vielfach An- und Umbauten bekamen. Henschel nennt das „Mainzelmännchen-Architektur“.

Passivhäuser gibt es in Bremen bislang nicht mehr als eine Handvoll, sagt der Architekt Andreas Uecker, der selbst eines hat. Rund 400.000 Euro wollen die Henschels dafür ausgeben, aber sie können sich das leisten. Ihr Projekt, sagen sie, sei doch „beispiel- und vorbildhaft“, ja, sie möchten „Ansporn sein für andere“. Und sie dachten, dass ihr Plan ein „von jedermann begrüßtes“ Projekt sein müsste. Ist es aber nicht. Auch wenn jetzt alle, sogar CDU und FDP von der Energiewende reden und rot-grün für Bremen ein Leitbild 2020 verabschiedet hat, dass gerne von nachhaltiger, ökologischer Entwicklung spricht. „Natürlich“, sagt der Ortsamtsleiter Wolfgang Ahrens, sei er nicht gegen Passivhäuser.

Aber „grundsätzlich“ kämen in der Elsa-Brandström-Straße eben „nur geneigte Dächer“ in Frage, und so hat es auch ein Unterausschuss des Stadtteilparlamentes kürzlich beschlossen. Die Grünen im Beirat haben sich da enthalten: Sie können sich prinzipiell auch einen Flachdachbau vorstellen – so lange er nicht zu groß ist. Ahrens sieht das anders: Der Siedlungscharakter der Straße müsse erhalten bleiben, so ein Haus mit Flachdach habe doch „inhaltlich einen ganz anderen Charakter“. Einen, der nicht in diese Straße passe.

Also kein Passivhaus. Denn, so sagt der Architekt Uecker, die Lage der Grundstücke in dieser Straße schließe Investitionen in Solartechniken aus, wenn Satteldächer Pflicht sein sollen. Schon ab 12 Uhr mittags liegen sie im Schatten. Was die Solarausbeute angeht, so der Architekt, ließe sich ohne Flachdach nicht einmal die heute gültige Energieeinsparverordnung erfüllen. Das trifft auch die Nachbarn, sollten sie dereinst mal ihre Häuser modernisieren wollen.

Doch auch in der Baubehörde findet man die bestehende Bebauung durchaus schützenswert. Natürlich seien die „Entschlossenheit“ und der „Tatendrang“ der Henschels eine „wichtige Schubkraft für die Energiewende“, heißt es da in einem Schreiben. Aber der Vorschlag „stoße vor Ort nicht nur auf Akzeptanz“, da die „ortsbildprägende Bauweise nicht beibehalten“ werde. Kaum 200 Meter weiter stehen sogar denkmalgeschützte Flachdachbauten. „Geltende Beteiligungsrechte“ des Beirates „könnten nicht umgangen werden“, schreibt die Behörde den Heschels.

Könnten sie schon: Der Beirat hat nur ein Anhörungsrecht, ein Bebauungsplan existiert gar nicht. Der taz sagte Ressortsprecher Michael Ortmanns: „Wir wollen das möglich machen“. Aus seiner Behörde bekamen die Henschels derweil einen anderen Vorschlag: Könnten Sie nicht etwas weniger effizient bauen? „Energiepolitische Glaubwürdigkeit stelle ich mir anders vor“, sagt Markus Henschel.