Der Ostsee droht Atemnot

Die geplante Querung des Fehmarnbelts kann zu Sauerstoffmangel in der Ostsee führen. Forscher des Leibniz-Instituts warnen vor tödlichen Folgen für Flora und Fauna. Zudem fehlt eine Umweltverträglichkeitsprüfung

Eine Brücke über den fast 20 Kilometer breiten Fehmarnbelt könnte nach Ansicht von Experten aus dem Leibniz-Institut für Ostseeforschung in Warnemünde schwere Folgen für die Umwelt haben. Wie das Institut jetzt mitteilte, wurden an den Pfeilern der Brücke über den Großen Belt zwischen den dänischen Inseln Seeland und Sprogø Turbulenzen in der Wassersäule festgestellt. Sollten solche Verwirbelungen auch an der geplanten Fehmarnbelt-Brücke entstehen, könnte der Zustrom sauerstoffreichen Wassers aus der Nord- in die Ostsee empfindlich gestört werden. In der Konsequenz könnten großflächig Tiere und Pflanzen sterben.

Durch den ebenfalls etwa 20 Kilometer breiten Großen Belt und den südöstlich davon sich anschließenden Fehmarnbelt laufen drei Viertel des Wasseraustausches zwischen Nord- und Ostsee. Das sauerstoffreiche Wasser aus der Nordsee fließt dabei in einer Tiefenströmung durch die beiden Meerengen. Dieser Strom vermischt sich an der bestehenden Brücke messbar mit dem weniger salzhaltigen Oberflächenwasser aus der Ostsee.

Mit dem geringeren Salzgehalt wird das sauerstoffreiche Wasser leichter und kann daher nicht mehr so weit in die Tiefenbecken vor allem der östlichen Ostsee zwischen Schweden, Finnland und dem Baltikum vordringen. Eine weitere Brücke könnte diesen Effekt der Untersuchung zufolge verstärken und zu schweren Schäden an Fauna und Flora in der Ostsee führen.

Die Umweltbewertung des Projekts einer festen Fehmarnbelt-Querung habe bislang nur das reine Volumen des Wasseraustausches betrachtet, wie auch schon bei der Brücke über den Großen Belt, bemängeln die Forscher. Dort seien Küstenbereiche abgetragen worden, um die Gesamtmenge des durchströmenden Wassers gleich zu halten. Angesichts des beschriebenen Strömungsverhaltens in verschiedenen Wassertiefen reiche dies jedoch nicht aus.

Die Entscheidung darüber, ob eine Brücke über den Belt zwischen Fehmarn und der dänischen Insel Lolland gebaut wird, soll in den nächsten Wochen fallen. Ende Februar hatten sich Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) und sein dänischer Amtskollege Flemming Hansen auf ein eher vages Finanzierungspaket zur Errichtung einer 5,5 Milliarden Euro teuren Brücke geeinigt. Die Zustimmung aus Kopenhagen dazu liegt allerdings noch nicht vor.

Danach könnte das Projekt ab etwa 2010 verwirklicht werden, wenn Dänemark den Löwenanteil der Kosten absichert. In der Diskussion ist eine private Vorfinanzierung der mautpflichtigen Querung, das Einnahmerisiko der Betreiber solle durch staatliche Garantien abgedeckt werden. Dazu ist die Bundesregierung jedoch nicht bereit.

Zudem ist vollkommen offen, ob die Europäische Union die erhofften 1,5 Milliarden Euro aus dem Fonds für grenzüberschreitende Verkehrsprojekte zuschießt. Dieser Topf enthält rund acht Milliarden Euro für die Jahre bis 2013, auf dem Wunschzettel aber ist die Fehmarnbelt-Brücke nur eines von 30 großen Vorhaben. DPA/SMV