Tsunami im Pazifik

AUS SYDNEY URS WÄLTERLIN

Ein Tsunami hat am Montag auf den Salomonen-Inseln mehr als ein Dutzend Menschen in den Tod gerissen und verheerende Schäden angerichtet. Die bis zu zehn Meter hohe Flutwelle kam am Morgen gegen acht Uhr Ortszeit (22 Uhr MEZ) und verwüstete vor allem den westlichen Teil der Inselgruppe. Bewohner von Gizo, der Hauptstadt der Westsalomonen berichteten von einer riesigen Wasserwand, die durch die Straßen gedrückt wurde. Der Gouverneur der Westprovinz, Alex Lokopio, sagte in einem Telefoninterview, „alle Häuser entlang der Küste“ seien zerstört worden. Die Menschen seien von der Flutwelle völlig überrascht worden. Das Meer sei „ganz plötzlich“ angeschwollen. Es habe keine Warnung gegeben. Vielen Überlebenden, die sich auf einen Hügel nahe der Stadt geflüchtet hätten, fehle es nun vor allem an Wasser, Nahrung, Zelten und Kleidung.

Die Behörden sprachen vorerst von mindestens 15 Todesopfern, unter ihnen zwei Kinder. Die Nachrichtenlage ist weiterhin schwierig. Telefonverbindungen in das betroffene Gebiet sind zeitweise unterbrochen oder gestört. Premierminister Manasseh Sogavare appellierte in einer Fernsehansprache an die Behörden, „die Hilfe für die Menschen zur höchsten Priorität zu machen“. Es seien „schweren Zeiten für unsere Nation“. Mehrere Länder boten ihre Unterstützung an, darunter auch Australien (siehe unten).

Auch am Abend war das Ausmaß der Zerstörung auf Gizo und den hunderten vorliegenden Inseln unklar. Es schien aber wahrscheinlich, dass die Zahl der Opfer noch steigen wird. Viele Menschen leben in kleinen Fischerdörfern direkt am Strand. Das australische Fernsehen zitierte unbestätigte Berichte, wonach mehrere Dörfer ins Meer gespült wurden. Der Informationsdirektor von Premierminister Sogavare, Alfred Maesulia, sagte, auch die Bewohner der benachbarten Inseln Simbo, Choiseul und Ranunga hätten von Toten und schweren Verwüstungen berichtet. Allein in der Ortschaft Sasamungga seien Berichten zufolge 300 Gebäude eingestürzt.

Das betroffene Gebiet liegt gut eine Tagesreise von der salomonischen Hauptstadt Honiara entfernt und gilt als Mekka für Sporttaucher, die Wracks aus dem Zweiten Weltkrieg unter Wasser besichtigen wollen. Ein Mitarbeiter des Krankenhauses in Gizo sagte, er sehe „Leichen im Wasser treiben“. Wegen der anhaltend hohen Wellen seien die Überlebenden nicht in der Lage gewesen, die Toten zu bergen. Das Krankenhaus wurde offenbar schwer beschädigt und musste geschlossen werden. Die Wellen seien bis zu 500 Meter weit ins Inland geschwappt, hieß es von offizieller Seite. Tausende von Bewohnern seien in Panik in höher gelegene Gebiete geflohen.

Wie groß die Schäden der Flutwelle sind, wird sich wohl erst in einigen Tagen genauer abzeichnen. Die Salomonen sind ein 1.000-Insel-Archipel vulkanischen Ursprungs rund 2.500 Kilometer südwestlich von Australien. Die rund 500.000 Einwohnern leben hauptsächlich von Fischfang. Seitdem die britische Exkolonie 1978 unabhängig geworden ist, kam es immer wieder zu Unruhen unter der melanesischen Bevölkerungsmehrheit und den kleinen Gruppen von Polynesiern und Mikronesiern.

Die Flutwelle war durch ein Erdbeben der Stärke 8,1 ausgelöst worden, wie das Tsunami-Warnzentrum in Sydney bestätigte. Das Epizentrum lag 40 Kilometer südöstlich von Gizo, rund zehn Kilometer unter dem Meeresboden. Durch das nach der Tsunami-Katastrophe vom 26. Dezember 2004 verbesserte Warnsystem wurden umliegende Länder wie Papua-Neuguinea, Neukaledonien, die Marshall-Inseln und das 2.500 Kilometer südwestlich der Salomonen liegende Australien rechtzeitig alarmiert. Schadensmeldungen gab es von dort nicht.