Aufstieg wieder einmal verschoben

Eigentlich wollen die Handballerinnen der Spreebirds in die Bundesliga. Doch zwischenzeitlich drohte sogar das Abstiegsgespenst – wie in der vergangenen Saison. Immerhin gab es am Wochenende einen Sieg gegen Oldenburg

Angesichts des Durchschnittsalters von knapp 22 Jahren wünscht sich der Trainer der Spreebirds eine „Big Mama“

Konstant inkonstant könnte das Motto der Handballerinnen des SV Berliner VG 49 in dieser Saison heißen. Der Berliner Zweitligist – die Spreebirds – war zuletzt für so einige Überraschungen gut – sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht. Erfolg und Misserfolg gaben sich die Klinke in die Hand.

Auf einen grandiosen Heimerfolg gegen den Aufstiegskandidaten SV Halle-Neustadt folgte prompt eine peinliche Heimschlappe gegen den Tabellenletzten Recklinghausen. „Da hat die Mannschaft total versagt“, gesteht Trainer Peter Melzer, früher selbst einmal Handballer bei Dynamo Berlin. Deshalb wurde nach zuletzt schwachen Vorstellungen die Mannschaft ins Gebet genommen. „Wir hatten das Gefühl, dass die Einstellung nicht immer optimal war“, sagt Vorstandsmitglied Wolfram Eschenbach.

Das Erreichen der eigentlich angestrebten Aufstiegs-Play-offs konnte man in dieser Saison somit schnell wieder vergessen. „Das haben wir selber vergeigt“, sagt Eschenbach. Aber immerhin konnte man sich am Sonnabendabend dank einer Leistungssteigerung in der zweiten Halbzeit mit dem 38:34 (14:18)-Erfolg gegen den VfL Oldenburg II aller Abstiegssorgen entledigen.

So liegen die Spreebirds jetzt mit dem achten Platz jenseits von Gut und Böse. „Wir sind aber besser als der derzeitige Tabellenplatz“, behauptet Eschenbach. Allerdings konnte auch schon in der letzten Saison der Abstieg nur knapp verhindert werden.

Dennoch wollen die Verantwortlichen das Ziel Aufstieg nicht aus den Augen verlieren. Mit dem aktuellen Kader wird das aber nicht möglich sein. Das Dilemma der jungen Mannschaft ist ihre Unerfahrenheit. Mit einem Durchschnittsalter von nicht einmal 22 Jahren ist sie nicht nur die jüngste der Liga, es fehlt vor allem an Routine. „Wir haben einige Spiele knapp verloren. Gerade in den engen Spielen fehlte uns eine erfahrene Spielführerin“, so Eschenbach.

Deshalb wünscht sich Trainer Peter Melzer eine richtige „Big Mama“, eine ältere und erfahrene Spielerin, die möglichst schon über Erstligaerfahrung verfügt. Hinzu kommt, dass der Kader sehr dünn besetzt ist – lediglich 13 Spielerinnen. „Wenn mal eine Leistungsträgerin verletzt ausfällt, können wir das eigentlich kaum kompensieren“, so Melzer. Mit Romy Schöner und Christine Beier verfügt das Team zudem nur über zwei wirkliche Shooter. „Da sind wir zu leicht ausrechenbar“, sagt Melzer.

Der einzige Berliner Zweitligist im Frauenhandball bringt zwar immer wieder Talente hervor, kann sie aber selten halten. Der Aderlass ist groß. So ging vor einigen Jahren die mittlerweile zum erweiterten Kreis der Nationalmannschaft zählende Sabrina Neuendorf nach Frankfurt (Oder). Vor zwei Jahren verließen dann die damaligen Juniorinnennationalspielerinnen Jenny Karolius und Annika Hermenau und die erfahrene Torhüterin Kathleen Tiesler (alle SC Markranstädt) den Verein. Die Abgänge konnten bis heute nicht kompensiert werden. „Die Zugänge hatten bisher nicht die Qualität der Abgänge“, sagt Eschenbach nüchtern.

In der nächsten Saison soll sich das ändern. Um die Play-off-Plätze erreichen zu können, muss aber dringend Verstärkung her. „Angestrebt sind mindestens drei neue Spielerinnen“, so Eschenbach. Das Problem ist der knappe finanzielle Rahmen. Der Etat von 150.000 Euro lässt große Sprünge nicht zu. Schon seit Monaten versucht man deshalb bei den Verantwortlichen der Spreebirds, neue Geldquellen aufzutun. „Wenn wir bei dem Etat nichts draufpacken können, werden wir immer auf diesem Level bleiben“, weiß Eschenbach.

Dennoch macht sich bei ihm verhaltener Optimismus breit, denn die Talsohle scheint für ihn überschritten. Vor gut einem Jahr standen die Spreebirds nämlich vor der Pleite. Nur die schnelle Hilfe eines Sponsors verhinderte schließlich die Insolvenz. „Da sind wir dem Tod von der Schippe gesprungen“, blickt Eschenbach zurück. Immerhin ist der Verein jetzt schuldenfrei und muss sich nicht mehr mit Altlasten befassen.

So würden sie in Lichtenberg ihre Blicke gerne wieder nach oben richten. Zuletzt gaben die Spreebirds vor fünf Jahren ein Gastspiel in der Ersten Liga. Es blieb allerdings ein kurzes Intermezzo und endete mit dem sofortigen Abstieg. Sollte es den Verantwortlichen beim SV BVG 49 nicht gelingen, die Mannschaft entscheidend zu verstärken, wird es auf mittlere Sicht aber bei diesem kurzen Erstliga-Intermezzo bleiben.

NICOLAS SOWA