„Mehr Lebensqualität“

TIERSCHUTZ Der Naturschutzbund informiert über veränderte Lebenswelten von Vögeln in der Stadt

■ 49, ist Ornithologe und Mitglied des privat organisierten Arbeitskreises an der Staatlichen Vogelschutzwarte Hamburg.

taz: Herr Mitschke, in Hamburg leben über 160 Vogelarten mit mehr als 400.000 Brutpaaren. Ist das viel?

Alexander Mitschke: Es sind vergleichsweise viele Arten für eine Stadtlandschaft und die Größe der Fläche. Das liegt vor allem daran, dass wir nicht soweit weg sind von der Nordsee und die Elbe hier haben. Dadurch haben wir Vogelarten, die Städte wie Berlin oder Köln nicht haben.

Welche sind das?

Dazu gehören Meeresküstenbewohner wie Möwen, die bei uns am Hafen leben. Aber auch Waldvogelarten, die in Gebieten wie den Harburger Bergen leben, wie Schwarzspechte und Habichte.

Welche Auswirkungen haben Veränderungen im Stadtbild für die Vogelwelt?

Vogelarten, die früher charakteristisch waren für Hamburg, gehen immer mehr in ihren Beständen zurück. So zum Beispiel der Haussperling, der in den letzten zehn Jahren zur Hälfte verschwunden ist. Früher wurde in Gärten Gemüse angebaut und es gab Obstbäume. Heute hingegen sind es meist sterile Rasenflächen. Die Vögel verlieren so an Lebensraum.

Was bedeutet das?

Wir sind deshalb keine vogelarme Stadt. Ganz im Gegenteil, es gibt hier sogar noch mehr Arten als vor dreißig bis vierzig Jahren, aber es sind eben mehr Arten, die nicht so anspruchsvoll sind und zum Leben nur ein Paar Bäume und Büsche brauchen. Diese Entwicklung kann man in ganz Deutschland beobachten. Aber die Vögel, die verdrängt werden, denen geht es überall schlecht. Wenn es so weitergeht, können ganze Arten aussterben.

Brauchen wir Vögel in der Stadt?

Nun ja einen finanziellen Wert haben Vögel nicht, aber sie bringen Lebensqualität. Und sie fressen unerwünschte Insekten wie Mücken oder auch Spinnen. Das macht was aus. Zusätzlich darf der Effekt für die Seele nicht zu gering geschätzt werden. Jeder freut sich im Frühling, wenn er Vögel singen hört. Ein stummer Frühling würde jedem auffallen.

Was kann man für die Vogelwelt tun?

Jeder, der einen Garten hat, kann überlegen, wie er diesen gestaltet. Wenn wir mehr Wildwuchs zulassen und zumindest eine Ecke im Garten ein bisschen verwildert ist, gibt es mehr Insekten, von denen die Vögel sich ernähren können. Auch sind heimische Pflanzen gut für die Vögel. Sie finden dort viele Insekten. INTERVIEW: KLES

Nabu Diskussionsveranstaltung „Amsel oder Spatz? – Wald versus Offenland in der Stadt?“: 19 Uhr, Klaus-Groth-Straße 21