Grenzenlose Geldbewegungen

Eine neue EU-Richtlinie soll Finanztransfers in der Union einfacher und günstiger machen. Einsparungen von bis zu 100 Milliarden Euro erwartet. Verbraucherschützer warnen aber, deutsche Schutzstandards bei Lastschriften würden verwässert

VON MORITZ SCHRÖDER

Trotz 50 Jahren Europäischer Union und fast 15 Jahren Binnenmarkt kann bei privaten Konten in Europa von Gemeinschaft keine Rede sein. ItalienerInnen zahlen laut der EU-Kommission für Zahlungen von ihrem Konto nach wie vor fast achtmal so hohe Gebühren wie BankkundInnen in den Niederlanden. Deutsche können zwar ungehindert im Ausland einkaufen, aber Zahlungen per Einzugsermächtigung sind dabei nicht möglich.

Um das zu ändern, verabschiedeten die Finanzminister der Union gestern eine Richtlinie über Zahlungsdienste im Binnenmarkt. Sie soll die Regeln für elektronische Geldtransfers in den 27 Mitgliedstaaten vereinheitlichen. Sofern das EU-Parlament im April zustimmt, könnte der Einkauf in der EU damit einfacher und günstiger werden. Zum Beispiel bei den Kontogebühren: Wer sich ein Ferienhaus in der Toskana hält, muss die Miete heute über ein italienisches Bankkonto abwickeln – das EU-weit die höchsten Gebühren kostet. Nach der Richtlinie, die die Mitgliedstaaten bis 2009 umsetzen sollen, kann das Geld auch vom Konto im Heimatland abgebucht werden. Eine Buchung in Euro soll zudem spätestens einen Tag nach dem Auftrag auf dem Konto landen, egal woher das Geld in der EU kommt. Bislang kann das drei Tage und länger dauern.

Charlie McCreevy, EU-Binnenmarktkommissar, erwartet, dass die Wirtschaft durch die Richtlinie bis zu 100 Milliarden Euro spart. Durch einheitliche Regeln falle viel Verwaltungsaufwand weg. „Das zahlt sich gerade für kleine Unternehmen aus, die meist vor den rechtlichen Hürden im Ausland zurückschrecken“, sagt Oliver Drewes, Sprecher in der zuständigen EU-Generaldirektion.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) bezweifelt jedoch, dass deutsche BankkundInnen von den einheitlichen Regeln nur profitieren. „Nach den neuen Spielregeln können sich deutsche Verbraucher nicht mehr so leicht gegen unberechtigte Abbuchungen wehren wie bisher“, kritisiert Frank-Christian Pauli, Bankenreferent beim vzbv. Nach der Richtlinie müsse der Geschädigte belegen, dass eine Lastschrift unter anderen Bedingungen vereinbart wurde, als sie durchgeführt wurde. „Die Banken wären in einer stärkeren Position“, sagt Pauli. Auch das Recht auf ein Girokonto hätte sich der Bankenexperte in der Richtlinie gewünscht. Das gebe es bisher etwa in Portugal, Frankreich oder Belgien. In Deutschland haben nach Angaben der AG Schuldnerberatung rund 500.000 Menschen keinen Zugang zu einem Konto, was Verwaltungskosten und Aufwand beim Zahlen verursacht.

Die deutschen Banken sehen durch die verpflichtende Überweisungszeit von einem Tag neue Kosten auf sich zukommen: „Und die werden bei den Kunden landen“, sagt Michaela Roth, Sprecherin des deutschen Sparkassen- und Giroverbands.

Doch im Prinzip sehen die Banken den einheitlichen Zahlungsmarkt in der EU positiv und arbeiten längst an den nötigen Strukturen. Bis zum Jahr 2010 soll ein einheitlicher Zahlungsverkehrsraum in der EU aufgebaut werden, in dem es keinen Unterschied zwischen Zahlungen im Inland und unter den Mitgliedstaaten gibt. Überweisung, Lastschrift und Kartenzahlung sollen dann EU-weit standardisiert sein, sodass Banken grenzüberschreitend um KundInnen werben könnten.