IN ÄGYPTEN LÄSST MUBARAK DIE RECHTE IN DER VERFASSUNG EINSCHRÄNKEN
: Kollateralschaden aus dem Irakkrieg

Am Nil wird die Verfassung geändert – zum Schlechteren. Statt Menschen- und Bürgerrechte zu garantieren, geht es dem 78-jährigen Präsidenten Husni Mubarak bei der Reform des ägyptischen Grundgesetzes um eine rücksichtslose Absicherung seiner Macht. Manche munkeln gar, dahinter stecke die Absicht, auch seinen Sohn Gamal als Nachfolger auf den Pharaonenthron zu heben.

Dazu soll ein wahres Netzwerk an modifizierten Verfassungsartikeln dienen. Der zuweilen noch kritischen Richterschaft wird die Überwachung der Wahlen entzogen. Die größte Oppositionspartei, die islamistische Muslimbruderschaft, wird als Partei für illegal erklärt, ihr Marsch durch die Institutionen dadurch per Verfassung blockiert.

Der Präsidentschaftskandidat kann de facto in Zukunft nur noch aus den Reihen der Regierungspartei kommen. Und sollte doch noch jemand aufmucken, gibt es neue, betont vage formulierte Antiterrorgesetze, die dem Sicherheitsapparat die üblichen Unterdrückungsinstrumente zur Verfügung stellen. So einfach ist das.

Das hätte Mubarak vor ein paar Jahren wohl noch nicht gewagt. Damals hätte er Gegenwind aus Washington befürchtet, das sich die Demokratisierung des Nahen Ostens auf seine Fahnen geschrieben hatte. Der Weg dahin führe über Bagdad, hatte die Bush-Regierung damals erklärt. Nun ist es gerade dieses gescheiterte Abenteuer, das den Diktatoren der Region neuen Platz zum Manövrieren gibt. Und den nutzen sie, wie Mubarak, schamlos aus.

Die US-Regierung braucht jene arabischen Potentaten, die sie als „moderat“ bezeichnet, derzeit mehr denn je. Das Wort „moderat“ sagt dabei weniger etwas über den Umgang arabischer Präsidenten und Könige mit ihren Untertanen aus als schlicht über ihre politische Nähe zur US-Nahostpolitik. Syrien ist ein extremistischer Schurkenstaat, Ägypten ein moderater Bündnispartner. Iran ist eine radikale Theokratie, Saudi-Arabien dagegen ein moderater Gottesstaat. So lässt sich die Demokratisierung der arabischen Welt getrost als wohl größter Kollateralschaden aus dem missglückten Irakkrieg verbuchen. KARIM EL-GAWHARY